Die Kunst, mit vielen Worten nichts zu sagen

Bürgermeister antwortet auf Anfragen der Gemeindevertreter zu spät und grundsätzlich ausweichend

Auch bei der letzten Gemeindevertretersitzung sah sich Bürgermeister Heinrich Jüttner wieder außerstande, die ihm gestellten konkreten und klar formulierten Anfragen von zwei Gemeindevertretern in den zwei zur Bearbeitung zur Verfügung stehenden Tagen zu beantworten – obwohl die Antworten für die Entscheidungsfindung zu bestimmten Beschlussvorlagen wichtig gewesen wären. Stattdessen kam wie üblich eine nichtssagende schriftliche Antwort in den Tagen nach der Sitzung. Hier drei Beispiele.

Gemeindevertreter Philip Zeschmann von den Unabhängigen Bürgern Schöneiche wollte vom Bürgermeister unter anderem wissen: „Wie wollen Sie konkret sicherstellen, dass im Rahmen des Bebauungsplans 17/12 ‚Gutsdorf Schöneiche – südlicher Teil’ die ursprüngliche Intension, das historische Gebäudeensemble an der Dorfstraße zu schützen, (…) eingehalten und umgesetzt werden kann?“

Um darzulegen, dass diese ursprüngliche Intension nur ein Teil des Auftrags gewesen sei, zitierte Heinrich Jüttner in seiner „Antwort“ aus dem Planungsauftrag: „Planungsziel ist einerseits die Bewahrung der städtebaulichen Struktur des Gutsdorfes Schöneiche, andererseits die Beseitigung städtebaulicher Missstände. Es soll ein Mischgebiet mit einer grundsätzlich am prägenden Bestand orientierten Grundfläche einzelner Gebäude festgesetzt werden. Es soll grundsätzlich die einzeilige, straßennahe Bebauung entlang der Dorfstraße als offene bzw. halboffene Bauweise festgesetzt werden und östlich der Dorfstraße sollen Missstände bei der Erschließung einzelner Grundstücke beseitigt werden. Diese Planungsziele (…) wurden und werden verfolgt.“

Das stimmt leider nicht. Das Ziel der „Bewahrung der städtebaulichen Struktur“ durch Erhalt der „grundsätzlich einzeiligen, straßennahen Bebauung“ hat sich mit dem Beschluss des Bebauungsplanentwurfs des Planers schlicht erledigt. Er sieht nämlich vor, dass künftig immer ein Mindestabstand von 5 Metern vom Straßenrand für Wohnbebauungen mit entsprechenden Aufenthaltsräumen eingehalten werden müssen. „Aufgrund der schalltechnischen Berechnungen musste lediglich darauf verzichtet werden, eine Baufluchtlinie entlang der westlichen Dorfstraße an der Straßenbegrenzungslinie festzusetzen“, beschreibt Heinrich Jüttner das klammheimliche Einkassieren der wichtigsten Intension der Gemeindevertreter, als sie den Bebauungsplanplan auf den Weg gebracht haben: Der Erhalts des historischen Gebäudeensembles an der Dorfstraße. Immerhin hatte aus diesem Grund Lidl damals keine Baugenehmigung bekommen und die Gemeinde verlassen – ein schmerzhafter Verlust für viele Schöneicher und die Nahversorgung der Menschen in West-Schöneiche.

Bei Frage 2 von Philip Zeschmann von den Unabhängigen Bürgern Schöneiche ging es um Transparenz im Umgang mit unseren Steuergeldern: „Wie ist es möglich, dass es beim Bau des neuen Rathauses zu einer derart extremen Kostenexplosion von bis zu 425 Prozent bei Teilen der Baumaßnahme kommen konnte? Haben die Planer und damit auch die Gemeindeverwaltung ‚vergessen’,  dass das neue Rathaus auch eine Innenausstattung braucht? Oder wurde dieser Posten zuvor nicht in die Planung und Kalkulation einberechnet, um die Gesamtkosten des Vorhabens zu drücken und auf diesem Wege leichter die Zustimmung der Gemeindevertreter zu erhalten?“

Die Ausführungen des Bürgermeisters dazu beantworten diese Frage leider in keiner Weise: „Die Kostensteigerungen beim Rathausneubau sind in erster Linie begründet in Baupreiserhöhungen über den langen Planungszeitraum seit 2008 und z.B. die bautechnisch bedingte Vergrößerung des Kellervolumens oder durch aktuelle Brandschutzauflagen. Dies wurde der Gemeindevertretung bereits ausführlich dargestellt.“

Wir lernen also: Es ist immer der Brandschutz! Schöne Grüße vom Flughafen BER! Und die Baupreiserhöhungen in ein paar Jahren machen den wesentlichen Teil der 425%-Steigerung aus? Doch es kommt noch besser: „Bei den sonstigen Ausstattungen handelt es sich sogar um ‚Sowieso – Kosten’. 1. Zwischenarchiv / die laufende Registratur und 2. die Wartebereiche für die Bürger der Gemeinde“. Obwohl diese Ausgaben also „sowieso“ anstanden, wurden sie nicht für den Neubau des Rathauses einkalkuliert und sind der Verwaltung jetzt aus heiterem Himmel wieder eingefallen?

Bei Frage 3 ging es um die Verhinderung eines groben Schildbürgerstreichs: „Wie soll sichergestellt werden, dass es im Rahmen der Baumaßnahme ‚Kieferndamm, 2. Bauabschnitt’ nicht zu einem absurden plötzlichen Abbruch der geplanten (Forststraße) oder schon gebauten (Kieferndamm, 1. Bauabschnitt) beidseitigen von der Fahrbahn getrennten Radwege kommt? Wie soll also für die nächsten Jahrzehnte ein sicherer Schulweg für die Kinder auf dem Weg zur Bürgelschule garantiert werden? Wie soll eine wirklich sichere und radfahrerfreundliche innerörtliche Verbindung nach Hohenberge und darüber hinaus nach Woltersdorf dauerhaft realisiert werden, die auch angenommen und zur Nutzung des Fahrrads als Verkehrsmittel anregen soll?“

Die „Antwort“ sollte in ein Handwörterbuch für angehende Politiker Aufnahme finden, denn sie illustriert beispielhaft wie man mit vielen Worten nicht auf die gestellte Frage antworten kann (nachfolgend Auszüge): „Entsprechend der gemeindlichen Verkehrskonzeption (masterplan GmbH, 1997) sollen u. a. entlang des Kieferndamms und der Forststraße innerörtliche Hauptradverbindungen entwickelt werden. Dies ist zum Teil schon realisiert und muss im Weiteren sukzessive umgesetzt werden. Auch die angesprochene Verbindung nach Woltersdorf ist seit dem Ausbau der Woltersdorfer Straße 2003/2004 bereits realisiert. Den Kieferndamm ab Woltersdorfer Straße und die Forststraße betreffend war eine entsprechende Gestaltung in der Entwurfsplanung 2011 enthalten.“

Nur zur Erinnerung: Bei der Frage ging es ausschließlich um die Radwegverbindung!

Was den sicheren Schulweg für die Kinder zur Bürgelschule angeht, wird nicht etwa auf das bauliche Problem eingegangen, sondern lediglich beruhigend auf folgenden Umstand hingewiesen: „Der sichere Schulweg für Kinder der Bürgelschule ist auch gegeben, wenn Radfahrende Kinder im Grundschulalter in zulässiger Weise einen ausgebauten Gehweg nutzen oder Anliegerstraßen in den Tempo-30-Zonen (z.B. Potsdamer Straße oder Watenstädter Straße) mit dem Rad befahren.“

Dumm nur, dass der Bürgermeister nicht einmal auf ausgebaute Bürgersteige entlang der hier angesprochenen Strecke und auch nicht auf andere in Richtung Bürgelschule hinweisen kann, sondern lediglich darauf ausführen kann, dass „ Kinder aus Fichtenau oder dem Ortsbereich Schöneiche […] durch Tempo-30-Zonen sicher zur Schule kommen [können].“ Die meisten Kinder aus Fichtenau müssten über die viel und oft schneller als mit den erlaubten 50 km/h befahrene Hamburger Straße zur Bürgelschule fahren. Einen Radweg gibt es auch hier nicht, weil der Wald links und rechts der Straße ebenfalls zum Berliner Stadtgebiet gehört. Über welche Tempo-30-Zonen diese Kinder zur Schule fahren sollten, ist den Fichtenauern darüber hinaus auch schleierhaft.

Auf die eigentliche Frage – nämlich wie der Bürgermeister das Land Berlin dazu bringen will, das nötige Stück Wald an Schöneiche abzugeben bzw. zumindest die baulich erforderliche Nutzung für einen beidseitigen Radweg und die Straßenentwässerung zuzulassen – wurde nicht eingegangen.

Mit den langen, aber nichtssagenden „Antworten“ auf die weiteren Anfragen möchten wir Ihnen nicht noch mehr Zeit rauben.

Antworten statt ausweichen!

Die Unabhängigen Bürger Schöneiche

Archiv
Artikel von "Archiv" stammen aus der Zeit, als diese Seite noch vom BürgerBündnisSchöneiche verwaltet wurde. Die Artikel spiegeln weder die Meinung der Redaktion, noch des Vereins wider.