Gemeindevertretung drückt sich um schwierige Entscheidungen herum

Aus den Haushaltsberatungen in Schöneiche

Einen halben Tag vor der Sondersitzung zur Haushaltsberatung hatte der Schöneicher Bürgermeister Heinrich Jüttner den Gemeindevertretern einen neuen Haushaltsentwurf vorgelegt und die Gemeindevertreter mit vielfältigen Änderungen und entsprechend reichlich neuem Papier überschüttet. Man wollte wohl einigen Angriffen aus den Reihen der Abgeordneten zuvor kommen und hat auf die Diskussion in den Ausschüssen und den öffentlichen Druck der Unabhängigen Bürger Schöneiche reagiert.

Auf diese Weise konnten nochmals 90.000 Euro eingespart oder besser Ausgaben in die Zukunft verschoben oder gestreckt werden. Das betrifft vor allem den nach der Brückenschau wohl oder übel umgehend erforderlichen Neubau der Brücke über den Jägergraben in der Parkstraße, die nun in 2014 nur geplant und erst 2015 gebaut werden soll. Dafür konnte jedoch die im bisherigen Haushaltsentwurf vom Bürgermeisters schon gestrichene Förderung der Kulturgießerei in Höhe von 75.000 Euro (bisher 85 T€) wieder eingestellt werden, was nach Aussage des Vorsitzenden des Vereins Kunst- und Kulturinitiative Schöneiche e.V., Henry Kugelmann, der die KuGi betreibt, die unterste Grenze für ein Überleben dieser Einrichtung ausmacht.

Im Finanzausschuss musste auf Nachfrage durch den Vertreter der Unabhängigen Bürger Schöneiche, Dr. Philip Zeschmann, eingeräumt werden, dass die Betriebsgenehmigung für den Hort Am Storchenturm auf Basis der Notlösung Container durch das Landesjugendamt nur befristet für zwei Jahre verlängert wurde. Zugleich war jedoch im bisherigen Haushaltsentwurf kein Geld für den dort dringend erforderlichen Anbau bis einschließlich 2017 enthalten. Nun wurden für 2014 immerhin die Planungskosten aufgenommen. Eine so genannte Verpflichtungsermächtigung für 2015 wurde vorgenommen, nach der das Geld 2015 zur Verfügung gestellt und gebaut werden muss, so dass die Kinder hier nicht mehr bis mindestens 2018 im Regen stehen gelassen werden.

Der Haken an der Aufnahme dieser Maßnahme in die Haushaltsplanung ist jedoch, dass im Finanzhaushalt über die nächsten Jahre immer eine Millionenlücke klafft und bereits Ende 2014 die verfügbaren Mittel in der Kasse aufgebraucht sein werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt müsste erstmals seit vielen Jahren ein Kassenkredit über ca. 100.000 Euro zur kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit aufgenommen werden. Ende 2015 wird es dann besonders unangenehm, denn hier wird die Gemeinde Schöneiche einen Kassenkredit von ca. 1,4 Millionen Euro aufnehmen müssen. Um diesen abtragen zu können, benötigt die Gemeinde zwei bis drei Jahr, in denen sie gar nichts mehr bauen oder finanzieren kann.

Das heiß konkret: Der dritte Bauabschnitt des Kieferndamms bleibt auf absehbare Zeit ebenso liegen, wie der dringend erforderliche Ausbau unserer innerörtlichen Hauptverkehrsstraße ins Ortszentrum, der Brandenburgischen Straße sowie die Berliner Straße.

Leider gibt es auch nach wie vor keinen ausgeglichenen (Ergebnis-)Haushalt, da sich die Mehrheit der Gemeindevertreter erneut nicht zu den dazu erforderlichen umfangreichen Konsolidierungsmaßnahmen durchringen konnte, zu denen der Bürgermeister seit Jahren immer wieder – unter der Überschrift einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu Stande zu bringen – auffordert. Dazu wären entweder alle oder einige der Einnahmemöglichkeiten der Gemeinde zu erhöhen gewesen: Grundsteuer, Gewerbesteuer, Hundesteuer, Vergnügungssteuer, Elternbeiträge für Krippe, Kita und Hort, Benutzungsgebühren für sämtliche gemeindliche Einrichtungen sowie sämtlicher Gebühren für die Erbringung von Verwaltungsdienstleitungen.

Alternativ wären die Ausgaben insbesondere bei den so genannten freiwilligen Leistungen deutlich zu kürzen gewesen: Schließung der Bibliothek (gerade mit Fördermitteln neu gebaut), des einzigen Jugendclubs oder der KuGi; Schließung oder besser Abriss (weil sonst die Abschreibungen dauerhaft weiter belasten) unserer historischen Gebäude Schlosskirche, Rauhfutterspeicher, Heimathaus), Entlassung der zwei in den Grundschulen dringend erforderlichen Schulsozialarbeiter, Entlassung der Mitarbeiter für Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung, Streichung der Unterstützung der Seniorenarbeit oder des Bürgerhaushalts; oder die Reduktion der Fahrten unserer Straßenbahn auf einen Stundentakt, wenn nicht gar eine Einstellung der Straßenbahn (deren Betrieb jedoch bis 2024 mit LOS, MOL und Rüdersdorf vertraglich vereinbart ist).

Um es so glimpflich wie möglich zu gestalten, sollte natürlich eine vernünftige Mischung aus beidem angestrebt werden. Aber eine Summe von rund 300.000 Euro auf diesem Wege zusammen zu bekommen, ist auf jeden Fall schmerzhaft und offenkundig gut sechs Monate vor den nächsten Kommunalwahlen mit zu großen Ängsten bei der Mehrheit der Gemeindevertreter besetzt. So wurde also der vermeintliche leichteste Weg gewählt und wird dieses Defizit aus den noch vorhandenen Rücklagen gedeckt und man hofft auf zusätzliche Einnahmen im Jahr 2014. Prinzip Hoffnung regiert! Schöneiche lebt also weiter über seine Verhältnisse und läuft Gefahr, dass die Rücklagen bald ganz aufgebraucht sind.

Ihre Unabhängigen Bürger Schöneiche

Philip Zeschmann
Dr. Philip Zeschmann ist Gemeindevertreter und Vorsitzender der Unabhängigen Bürger Schöneiche e.V.. Außerdem ist er Vorsitzender der Fraktion BVB/Freie Wähler im Kreistag Oder-Spree.