Gekaufte Politik? Wer im Wahlkampf noch mitmischt

Im Straßenbild unserer Waldgartengemeinde ist es – wie überall – nicht zu übersehen: Bald ist Bundestagswahl. Die Plakate der Parteien säumen die Straßen, ihre Flyer stecken in unseren Briefkästen, ihre Anzeigen finden sich in jeder Zeitung und in den sozialen Netzwerken. Allerorten finden großangelegte Veranstaltungen statt. Das alles kostet Geld. Viel Geld. Doch wo kommen die Mittel eigentlich her, mit denen die Parteien ihren Wahlkampf finanzieren?

Mitgliedsbeiträge

Einerseits von den Mitgliedern. Inzwischen kann in fast allen Parteien der monatliche Mitgliedsbeitrag selbst bestimmt werden. So ist man bei der CDU ab sechs Euro dabei, dann gibt es drei Gehaltsstufen zur Orientierung. Ab einem Einkommen von 4.000 Euro werden etwa 25 Euro angegeben. Die Grünen verlangen „in der Regel“ ein Prozent des Nettoeinkommens, Mitglieder der LINKEN können sich in eine 16-stufige Beitragstabelle einordnen (Mindestbeitrag 1,50 Euro, ab einem Einkommen von mehr als 2.500 Euro vier Prozent des Nettoeinkommens).

Steuergelder

Zweitens erhalten die Parteien Mittel aus der staatlichen Parteienfinanzierung. Für jeden Spenden- oder Beitragseuro gibt es 45 Cent, für jede für Stimme bei Bundes-, Landtags- und Europawahlen 83 Cent, ab vier Millionen Stimmen erhöht sich dieser Betrag. Anspruch auf Staatsgelder haben jedoch nur Parteien mit einem Bundestags- oder Europawahlergebnis von wenigstens 0,5 Prozent oder einem Landtagswahlergebnis von mindestens 1,0 Prozent der Stimmen. Die Gesamtsumme für die staatliche Parteienfinanzierung ist nach oben gedeckelt (im Jahr 2012 bei 150,8 Mio. Euro).

Spenden von Firmen und Verbänden

Darüber lässt sich diskutieren. Wirklich problematisch wird es bei der dritten Säule der Parteienfinanzierung – den Parteispenden von Unternehmen und Verbänden. Wie viel Geld die Unternehmen genau an die Parteien im Wahlkampf spenden, kann öffentlich allerdings erst lange nach den Wahlen nachvollzogen werden. Denn für die Offenlegung der Parteispenden gelten großzügige Fristen. Nur Einzelspenden von mehr als 50.000 Euro müssen sofort angezeigt und veröffentlicht werden.

Interessant ist, welche Parteien im Wahljahr 2017 bisher besonders reich mit Großspenden aus der Wirtschaft bedacht worden sind.

Name de Partei

Großspenden über 50.000 Euro (Januar bis August 2017)

Quelle: bundestag.de

Bekannte Großspenden unter 50.000 Euro

Quelle: abgeordnetenwatch.de

CDU

2,2 Millionen Euro

161.250 Euro

CSU

keine

140.250 Euro

SPD

0,3 Millionen Euro

158.250 Euro

FDP

1,7 Millionen Euro

150.250 Euro

BÜ’90/GRÜNE

0,1 Millionen Euro

60.000 Euro

DIE LINKE

keine

keine

Diese Übersicht bildet aus den genannten Gründen nur einen Teil der bisher mutmaßlich geflossenen Gelder ab. Unter den bisher bekannten Spendenden befinden sich große Konzerne wie VW, Daimler, Allianz, Philip Morris, Dr. Oetker und Sixt sowie Lobbyorganisationen wie der Verband der chemischen Industrie oder der Verband der Metall- und Elektroindustrie. Außerdem reiche Unternehmenseigner wie die BMW-Erben Susanne Klatten und Stefan Quandt.

Sponsoring

Ein beliebter werdender Weg für Unternehmen, Parteien finanziell zu unterstützen ist das Sponsoring. Er erfolgt in Form von Mieten für Infostände bei Parteitagen oder Anzeigen in Parteizeitschriften. Diese Form der Zuwendung lohnt sich für Unternehmen durch das Absetzen von der Steuer und für Parteien, weil es beim Sponsoring bisher keine gesetzliche Veröffentlichungspflicht gibt. Nach eigenen Angaben hat allein VW im Jahr 2016 auf diese Art Parteiveranstaltungen von CDU, SPD und FDP mit jeweils 10.000 bis 21.000 Euro unterstützt sowie Anzeigen bei CDU/CSU, SPD und Grünen im Wert von 12.500 bis 43.500 Euro geschaltet.

Keine politische Einflussnahme?

Offiziell ist mit solchen Zahlungen keinerlei politische Einflussnahme verbunden. Die finanzielle Unterstützung der Parteien durch Unternehmen diene allein der Förderung einer „lebendigen“ Demokratie. Warum dann die meisten Konzerne und Verbände durch die Höhe ihrer Zuwendungen klare Sympathien für bestimmte Parteien erkennen lassen, bleibt unbeantwortet.

Von den großen Parteien erhält allein DIE LINKE keine Spenden aus der Wirtschaft. Das mag einerseits an ihrer politischen Programmatik liegen. Andererseits hat die Partei beschlossen, keine Unternehmensspenden anzunehmen und fordert deren Verbot. Stattdessen hat DIE LINKE für den aktuellen Bundestagswahlkampf fast eine halbe Million Euro an Klein- und Kleinstspenden von Mitgliedern und Unterstützerinnen gesammelt.

Ob der Umgang der Parteien etwa mit dem Dieselskandal oder mit Rüstungsexporten auch mit Großspenden aus der Auto- bzw. Waffenindustrie zu tun haben könnte, bleibt der Einschätzung einer jeden Wählerin und eines jeden Wählers überlassen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.linke-schoeneiche.de.

Fritz R. Viertel
Fritz R. Viertel ist Mitglied der Gemeindevertretung und Vorsitzender der Fraktion Die Linke.