Investoren brauchen keine Beiträge für Gemeinschaftsaufgaben bezahlen

Private Investoren verdienen viel Geld damit, Wohnbaugrundstücke in Schöneiche zu verkaufen. Grundlage dafür ist eine funktionierende öffentliche Infrastruktur mit Kitas, Schulen, Straßen und Grünanlagen. Denn ohne diese Einrichtungen würde kaum jemand in der Gemeinde wohnen wollen. Finanziert wird sie von der Gemeinde, also allen Einwohnerinnen und Einwohnern durch ihre Steuern und Beiträge.

Um private Investoren ebenfalls an den Kosten für solche Gemeinschaftsaufgaben zu beteiligen, hatte die Linksfraktion einen Antrag in die Gemeindevertretung eingebracht (BV 421/2017). Zu Bebauungsplänen für private Bauvorhaben mit mehr als sechs Wohnungen sollte die Gemeinde städtebauliche Verträge abschließen, mit denen Investoren angemessene finanzielle Beiträge für die soziale, ökologische und Verkehrsinfrastruktur im Ort übernehmen. Das ist ein ganz normaler Vorgang und wird bundesweit in zahlreichen Kommunen so praktiziert.

Hans-Joachim Hutfilz (SPD) echauffierte sich in der Sitzung der letzten Gemeindevertretung Ende September, das sei in Schöneiche auch schon längst der Fall. Das stimmt nur teilweise: Zwar gab es in den letzten Jahren städtbauliche Verträge mit Investoren, doch darin wurde im Kern stets nur die Kostenübernahme für den Bebauungsplan selbst vereinbart. So geschehen z.B. beim aktuellen Neubau von Wohn- und Geschäftshäusern im Ortszentrum oder der Errichtung eines Wohngebietes aus Einfamilienhäusern in der Goethestraße. Beiträge etwa für die Bereitstellung von Kita-Plätzen, die Sanierung von Zufahrtsstraßen zu den betreffenden Grundstücken oder zusätzliche Baumpflanzungen sucht man in diesen Verträgen vergebens.

Das wird wohl auch zukünftig so bleiben. Denn der Antrag der Linksfraktion wurde in der Gemeindevertretung durch ein Patt von zehn Ja- gegen zehn Nein-Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt. Insbesondere aus Sicht der SPD-Fraktion (der neuerdings auch der als Kandidat der LINKEN gewählte Gemeindevertreter Dr. Erich Lorenzen angehört) und der CDU sowie von Bürgermeister Ralf Steinbrück (SPD) ist privaten Investoren eine Beteiligung an gemeinschaftlichen Aufgaben offenbar nicht zuzumuten. Diese werden sich somit weiterhin auf Kosten der Gemeinde eine goldene Nase verdienen. Etwa, wenn auf dem Gelände der ehemaligen Gärtnerei an der Woltersdorfer Straße landwirtschaftliche Fläche in Bauland umgewandelt werden sollte.

Dieser Text erschien zuerst auf www.linke-schoeneiche.de.

Die Linke
Die Linke hat in Schöneiche rund 60 Mitglieder und parteilose Unterstützerinnen und Unterstützer. In der Gemeindevertretung sind wir derzeit mit 17,5 Prozent der Stimmen bzw. einer Fraktion aus 4 Mitgliedern vertreten.

5 Gedanken zu „Investoren brauchen keine Beiträge für Gemeinschaftsaufgaben bezahlen

  1. Fritz R. Viertel

    Lieber Herr Jüttner, ich kann nicht erkennen, an welcher Stelle es einen Widerspruch zwischen Ihren Ausführungen zum Baugesetzbuch und unserem Antrag gibt. Dieser zielte ja gerade darauf ab, die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Investoren an den Folgekosten ihres Vorhabens für die soziale, ökologische und Verkehrsinfrastruktur angemessen zu beteiligen. Das mag in den 1990er Jahren geschehen sein. Bei allen Fällen in den letzten Jahren wurde ausschließlich die Kostenübernahme für das Planungsverfahren vertraglich geregelt. Weitere Festlegungen (u.a. zum sozialen Wohnungsbau) wurden von einer Mehrheit der Gemeindevertretung und die Gemeindeverwaltung abgelehnt. Bei der SPD ist das einfach besonders schade, weil mit ihr z.T. andere Mehrheiten möglich gewesen wären und sich diese Partei in anderen Kommunen gerade für die Nutzung solcher Instrumente stark macht. Ich finde, darauf darf öffentlich hingewiesen werden.

    • Jüttner

      Sehr geehrter Herr Viertel,
      das was Sie vorschlagen wurde und wird durch Verwaltung und Bürgermeister angewandt und umgesetzt, wenn es rechtlich zulässig ist.
      Es bedarf dafür keines – populistischen – Beschlusses durch die Gemeindevertretung. Und es bedarf auch keiner öffentlichen Herabsetzung der SPD, einer Lieblingsbeschäftigung der Partei DIE LINKE.

      Heinrich Jüttner

  2. Heinrich Jüttner

    Das Baugesetzbuch gilt auch in der Gemeinde Schöneiche bei Berlin.
    Hier sollte auch Herr Viertel mal nachlesen und nicht einfach immer auf die SPD einprügeln.

    In Schöneiche bei Berlin wurde dies Mitte der 1990er Jahre für das neue Wohngebiet des Beamtenwohnungsvereins am Stegeweg gemacht.

    Was ist ein städtebaulicher Vertrag?

    Wenn es um städtebauliche Projekte geht, regeln städtebauliche Verträge, welche Rechte und Pflichten der Investor auf der einen Seite und die Kommune auf der anderen hat. Das Baugesetzbuch (BauGB) enthält keine Definition des städtebaulichen Vertrags. „Städtebaulich“ ist ein Vertrag, der sich auf Regelungen des Städtebaurechts bezieht. Städtebauliche Vereinbarungen können mit privatrechtlichen Regelungen, etwa über Grundstücksgeschäfte (z.B. Grunderwerb von der Gemeinde), verbunden werden.

    Kennzeichnend für städtebauliche Verträge ist in der Regel, dass ein – zumeist privater – Investor die Kosten für bestimmte städtebauliche Projekte übernimmt. Beispielsweise Maßnahmen für die Aufstellung eines Bebauungsplans oder Folgekosten im Rahmen der Erschließung. Im Gegenzug schafft die Gemeinde Baurecht, etwa durch die Aufstellung eines Bebauungsplans. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine echte Gegenleistung im Sinne eines Austauschverhältnisses, da nach § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB ein Anspruch auf Aufstellung eines Bebauungsplans auch nicht durch Vertrag begründet werden kann (gesetzliches Verbot). Jedoch schuldet der Investor die Erfüllung der von ihm eingegangenen Verpflichtungen oftmals nur, wenn tatsächlich der Bebauungsplan in Kraft tritt.

    Vertragstypen
    Das Baugesetzbuch nennt einige Beispielsfälle städtebaulicher Vertragstypen (Paragraf 11 Abs. 1 Satz 2 BauGB), wobei diese Aufzählung nicht abschließend ist. Das BauGB regelt an anderer Stelle weitere spezielle städtebauliche Verträge, z. B. den Durchführungsvertrag zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan nach § 12 BauGB oder den Erschließungsvertrag nach § 124 BauGB.

    Beispielsweise können die Gemeinden die Ausarbeitung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen bzw. deren Änderungen und Ergänzungen einem privaten Investor auf seine Kosten übertragen. Auch die Ausarbeitung von Landschafts- und Grünordnungsplänen oder von ergänzenden Gutachten (z.B. über Lärmschutz oder Bodenverunreinigungen) kann durch einen städtebaulichen Vertrag übertragen werden.

    Es können Verträge geschlossen werden, um die Ziele der Bauleitplanung zu fördern und zu sichern. Hierzu zählen die Verpflichtung zur Nutzung der Grundstücke binnen einer angemessenen Frist entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans, Vereinbarungen zum sozialen Wohnungsbau oder zur Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung („Einheimischenmodelle“). Auch kann die Verpflichtung zu naturschutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen vertraglich vereinbart werden.

    In Folgekostenverträgen können z.B. Kosten für Erschließungsmaßnahmen einem Vorhabenträger auferlegt werden. In Betracht kommen aber auch Kosten für Infrastrukturmaßnahmen wie Schulen, Kindergärten, Altenheime, Jugendfreizeitheime, Senioreneinrichtungen, Bürgerzentren oder Sport- und Spielplätze. Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags kann schließlich auch die Nutzung von Netzen und Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung sowie von Solaranlagen für die Wärme-, Kälte- und Elektrizitätsversorgung sein, um den Klimaschutz zu fördern.

    Rechtliche Schranken
    Städtebauliche Verträge bedürfen nach Paragraf 11 Abs. 3 BauGB zumindest der Schriftform. Wenn gleichzeitig einer oder beide Vertragsparteien zur Übertragung des Eigentums an Grundstücken verpflichtet werden, bedarf der Vertrag insgesamt der notariellen Beurkundung. Bei Erreichen der vergaberechtlichen Schwellenwerte ist außerdem unter Umständen das Vergaberecht zu beachten.

    Für Gemeinden gilt beim Abschluss städtebaulicher Verträge nicht allgemein das Prinzip der Vertragsfreiheit, wie bei Verträgen zwischen Privaten. Vielmehr unterliegen die Gemeinden auch hier dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und der Grundrechtsbindung der Verwaltung. Die Gemeinden dürfen ihre Macht, die ihnen in Form der Planungshoheit verliehen ist, nicht missbrauchen.

    An erster Stelle ist das Verbot zu nennen, durch Vertrag einen Rechtsanspruch auf Aufstellung eines Bauleitplans zu begründen. Dieses Verbot soll verhindern, dass von vornherein ein Planungsergebnis festgelegt wird, was mit dem ergebnisoffenen Verfahren der Abwägung der durch die Bauleitplanung berührten öffentlichen und privaten Belange nicht vereinbar wäre (Abwägungsgebot gemäß Paragraf 1 Abs. 7 BauGB).

    Weiterhin zu nennen ist das sogenannte Koppelungsverbot: Leistung und Gegenleistung müssen hiernach in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Außerdem dürfen hoheitliche Entscheidungen ohne entsprechende gesetzliche Ermächtigung nicht von wirtschaftlichen Gegenleistungen abhängig gemacht werden, es sei denn, erst die Gegenleistung beseitigt ein der Entscheidung entgegenstehendes rechtliches Hindernis. Man kann sich also eine Baugenehmigung nicht kaufen. Wohl aber kann man vertraglich Erschließungsmaßnahmen übernehmen, um die Erschließung des Bauvorhabens zu sichern und damit die Baugenehmigung zu ermöglichen.

    Schließlich müssen die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Beispielsweise muss die aus Anlass eines Vorhabens vereinbarte Übernahme von Folgekosten bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorganges in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des Vorhabens stehen. Werden z.B. die Kosten für die Schaffung von Kindergartenplätzen übernommen, muss dies dem tatsächlich durch das neue Wohngebiet ausgelösten Bedarf entsprechen.

  3. Fritz R. Viertel

    Das sind ja nun wirklich zwei verschiedene Paar Schuhe: Die Grunderwerbssteuer fließt in den Landeshaushalt und wird für Landesaufgaben (z.B. Polizei, Hochschulen, Kultur) eingesetzt. Bei städtebaulichen Verträgen geht es um angemessene Beiträge zu kommunalen Aufgaben (etwa Kita- und Grundschulplätze, Gemeindestraßen und Rad-/Fußwege, Grünpflege und -ausgleich). Man würde ja auch nicht sagen, es sei untragbar, dass jemand sowohl Einkommenssteuer (die z.T. an die Kommunen geht), als auch Mehrwertsteuern (die Bundesaufgaben finanzieren) aufbringt.

    Ganz abgesehen davon, dass die Bodenpreise im Berliner Umland durch die Decke schießen und die Gewinnspanne für den Weiterverkauf von zuvor nicht baurechtlich beplanten Flächen enorm ist! Investoren streichen also dicke Profite auf Kosten der Gemeinde ein, durch die eben jene Bedingungen bereitgestellt werden, welche den Standort Schöneiche so attraktiv machen.

    Was ist so verkehrt daran, wenn sie zu deren Finanzierung einen angemessenen Beitrag leisten? Das ist übrigens kein sozialistisches Teufelswerk, sondern in westdeutschen Städten und Gemeinden üblich. Und auch in Brandenburg wird das so gehandhabt, z.B. in Potsdam oder Oranienburg. Dass wir in Schöneiche über andere Größenordnungen reden, ist klar, allerdings keine Ausrede. Schade, dass die SPD das bei uns verhindert hat, während sie sich in anderen Kommunen vehement für solche Regelungen einsetzt.

  4. Peter A. Pohle

    Wer sich mit diesem Thema beschäftigt, der wird unweigerlich auch auf die anfallenden Baunebenkosten stoßen und zu diesen zählt die Grunderwerbsteuer als eine der bekanntesten. Sie war ab 1998 einheitlich in ganz Deutschland mit 3,5 Prozent festgesetzt. In den letzten Jahren konnten die Länder jedoch die Grunderwerbsteuer selbst festlegen. In Brandenburg beträgt die Grunderwerbsteuer mittlerweile 6,50 %. Beschlossen von der Landesregierung mit der Mehrheit von SPD und Die Linke.
    Sie berechnet sich nach dem Kaufpreis des Grundstücks, sofern es unbebaut ist. Bei bebauten Grundstücken wird der gesamte Kaufpreis als Grundlage hergenommen. Eine Besonderheit gilt, wenn ein Grundstück vom Investoren gekauft wird. In diesem Fall werden nämlich genauso die Kosten des noch zu bauenden Hauses mit eingerechnet.
    Die Grunderwerbsteuer wird für Gemeinschaftsaufgaben des Landes eingesetzt. Soweit zu Investoren brauchen keine Beiträge für Gemeinschaftsaufgaben bezahlen.

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