Rekordprotest am Müggelsee

Menschen reichten sich am Sonntag am Müggelsee die Hände – zur Kette gegen Fluglärm.

Als am Sonntag die Boote auf dem Müggelsee ein zehnminütiges Trötkonzert anstimmten, war klar, dass der Plan gelingen würde. Wie geplant, schloss sich die Menschenkette um fast elf Kilometer Strecke an Land. Die 1,2 Kilometer lange Distanz über die Müggelspree wurde mit 500 Booten überbrückt.
Und am Ende hätte die Zahl der Demonstranten wohl sogar für zwei Seen gereicht. Nach Angaben der Veranstalter waren rund 24.000 Menschen an den Müggelsee gekommen, um gegen die geplanten Flugrouten des Flughafens Berlin-Brandenburg zu protestieren.

Volksfest mit kämpferischer Stimmung

Sie hatten sich in Dreier- und Viererreihen am Ufer versammelt. Punkt 15 Uhr schrillten Sirenen über den See – das Signal, sich die Hände zu reichen. Regisseur Leander Haußmann rief auf der Abschlusskundgebung begeistert von der Bühne: „Mensch Leute, ist das geil! Das war aber erst der Anfang. Wir werden denen so lange auf den Geist gehen, bis der Beschluss zurückgenommen wird.“ Dem Müggelsee ist nun auch ein Eintrag im Guinness Buch der Rekorde gewiss: Die Menschenkette ist die längste, die es je um einen See gegeben hat.

Der Borkenstrand glich an diesem Tag einem großen Volksfest. Die Sambakids heizten mit Trommeln ein, für reichlich Essen und Trinken war gesorgt. Junge und Alte, geschmückt mit blauen Tüchern, die für die Reinheit des Wassers und der Luft stehen sollten, nutzten die Aktion, um mit Gleichgesinnten ein Fest zu feiern. Trotz aller Feierlaune war aus vielen Gesprächen jedoch die Sorge über die Zukunft der Region zu entnehmen.

Die Vorsitzende der Friedrichshagener Bürgerinitiative, Sigrid Strachwitz, sagte: „Wir verstehen uns als große Gemeinschaft. Mit dieser Aktion können wir der Politik zeigen, dass wir zusammenstehen, egal, woher wir kommen.“ Man versuche immer, West und Ost zu spalten: „Das lassen wir nicht zu.“ Später enterte ein „Hauptmann von Köpenick“ die Bühne und zeigte sich stolz über die Solidarität: „Politiker der Stadt, schaut auf diese Menschenkette“, rief er. Ralf Müller von der Friedrichshagener Bürgerinitiative gab sich kämpferisch: „Die Politik hat uns herausgefordert. Wir nehmen die Herausforderung an.“

Anwohner fühlen sich betrogen

Doch es ging auch mit weniger Pathos. Rüdiger Heide wohnt seit 2006 in Friedrichshagen. Es sollte sein Altersruhesitz sein, mit Betonung auf Ruhe. Jetzt ärgert er sich, dass die Lebensqualität durch den neuen Flughafen deutlich beeinträchtig wird. Vor allem aber ärgere ihn das Verhalten der Politiker. „Im Mai waren sie alle hier und haben uns versichert, dass wir nicht betroffen sind. Wenn das jetzt alles missachtet wird, ist das doch Betrug.“ Er forderte, die Route aufzugeben und Flüge zwischen 22 und 6 Uhr zu verbieten. Bisher ist geplant, dass ab Juni 2012 pro Tag mehr als 120 startende Flugzeuge über die Müggelseeregion fliegen.

Astrid Herbert aus Köpenick kennt sich aus mit vielerlei Demonstrationsformen. Sie habe schon an vielen Anti-Atom-Märschen teilgenommen. „Damals ging es schon um unsere Zukunft, und auch heute geht es mit dem Fluglärm wieder um unsere Zukunft“, sagte sie. Matthias Burkhardt aus Hirschgarten sagte, wenn es kein Einlenken gebe, müsse man auf andere Formen des Widerstandes umschwenken. Sein Bruder Frank aus Erkner erklärte seine Motivation zum Protest: „Erkner ist jetzt schon eine der lautesten Städte in Brandenburg.“ Wenn noch der Lärm des neuen Flughafens BER dazukomme, lasse es sich dort kaum noch leben.
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Weitere Demos

Am Montag (29. September) um 17 Uhr wollen Bürgerinitiativen vor der Staatskanzlei in Potsdam gegen Nachtflüge in Schönefeld demonstrieren. Um 19 Uhr beginnt in Friedrichshagen wieder die regelmäßige Montagsdemo.

Am 6. September folgt die nächste Kundgebung in Potsdam, diesmal vor dem Landtag am Brauhausberg.

Für den 10. September ist die nächste Großdemo am Flughafen Schönefeld geplant. Weitere Kundgebungen sind dort für den 23. Oktober und 19. November angekündigt.

Quelle: Berliner Zeitung, 29.08.2011 Autor  Benedikt Paetzholdt

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