Gemeindevertretung Schöneiche – von der kostenlosen Theatervorstellung zum peinlichen Trauerspiel mit lauter Statisten

Waren vergangene Sitzungen der Gemeindevertretung mit Galgenhumor noch als kostenlose Theatervorstellung wahrnehmbar, entwickelt sich diese Veranstaltung zunehmend zu einem Zählappell von Statisten – die eigentlich die Vertreter der Bürger sein sollen.
Diese für ganz Schöneiche und alle Schöneicher außerordentlich traurige Entwicklung wurde auf der letzten Sitzung der Gemeindevertretung am 26. September überdeutlich. Hatte doch Herr Jüttner mal wieder eine seiner vielen Vorlagen mit vielen Zahlen und Auswertungen seiner Statistiken vorgelegt – diese Mal zur „Entwicklungs- und Bedarfsplanung Kindertagesstätten 2012 bis 2017“.Als Ergebnis dieser Ausarbeitungen wurde den Gemeindevertretern und der Öffentlichkeit aufgetischt, dass der Neubau einer weiteren Kita in unserer Gemeinde unabdingbar sei – nachdem bereits in den letzten mindestens 10 Jahren fast alle verfügbaren Investitionsmittel der Gemeinde für derartige Einrichtungen ausgegeben wurden und Vieles andere bis heute liegen blieb.
Interessant wird es nun, wenn man sich die Zahlen und vor allem die daraus gezogenen Schlussfolgerungen einmal genauer anschaut. So haben wir derzeit bereits im Krippenbereich eine Abdeckung des Bedarfs (gerechnet auf der Grundlage der Kinderjahrgänge) von rund 82% (inkl. 50 Plätze bei Tagesmüttern; konservative Annahme weil wir über 80 derartige Plätze haben) und im Kindergartenbereich von rund 97% (Vgl. Tabellen S. 6 unten und 7 oben).
Gleichzeitig haben wir bei den Kindern im 1. Lebensjahr bereits 2004 den Gipfel an Jahrgangsstärke überschritten und haben es jetzt schon mit zurückgehenden Kinderzahlen zu tun (vgl. S. 5 oben). Sogar bei den Einschülern (6. Lebensjahr) wurde das Maximum an Kinder pro Jahrgang genau sechs Jahre später, also 2010 erreicht und geht seitdem zurück oder stagniert (vgl. S. 5 oben).
Warum also sollen wir unsere knappen Investitionsmittel für einen Neubaus für Kinder ausgeben, die es schon bei Baubeginn und schon gar nicht bei Fertigstellung mehr geben wird?
Weiterhin weist Herr Jüttner im seinem Bericht in der Tabelle S.4 für Ende 2011 eine tatsächliche Maximalbelegung von 900 Kindern über alle Einrichtungen hinweg aus und schreibt zugleich auf S. 8 unten dass die Gemeinde zum 1.1.12 über 927 Plätze verfüge. Dann frage ich warum sollen wir noch mehr bauen, wenn wir doch schon mehr als nachgefragt haben!?
Es ist also (freundlich formuliert) Unsinn, wenn auf S. 11 die willkürliche Bewertung ausgegeben wird: Im Krippenbereich bestünde „dringender Handlungsbedarf“ und im Kindergartenbereich „weiterer Handlungsbedarf“. Hier liegt die Falle von Herrn Jüttner, da er darauf setzt – und leider ja auch mehrheitlich setzen kann – , dass kaum einer sein Papier wirklich liest und die richtigen Schlüsse zu ziehen weiß! Denn allein mit dieser falschen und seinen eigenen Zahlen widersprechenden Schlussfolgerung leitet er den vorgeblich bestehenden Bedarf für eine neue Kita ab!!!
Auch mit dem gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem Alter von einem Jahr, der ab dem nächsten Sommer bundesweit gilt, ist ein Neubau nicht zu rechtfertigen, denn wir haben eine beispielhaft hohe Bedarfsdeckung (siehe oben) und nur wegen des Gesetzes wird sich bei einer so hohen Abdeckung der Bedarf/die Nachfrage nicht von Heute auf Morgen noch weiter dramatisch erhöhen – denn die Plätze kosten ja weiterhin auch den Eltern Geld!
Der aufmerksame Leser wird jetzt denken: Dann wird die Beschlussvorlage vernünftiger Weise wohl in der Gemeindevertretung abgelehnt, der Bürgermeister ob seiner erneuten Lügen abgemahnt und die knappen Investitionsmittel für die wirklich drängenden Problemfelder vorbehalten worden sein!?
Aber das ist eben völlig absurder Weise nicht passiert! Trotz im Detail nachvollziehbarem Vortrag der Zahlen und der Zusammenhänge hat es die Mehrheit der Gemeindevertreter entweder nicht begriffen oder begreifen wollen, dass sie einmal mehr von ihrem Herrn Bürgermeister eingewickelt wurden! Das ist das peinliche Trauerspiel, unter dessen Folgen ganz Schöneiche und alle Schöneicher auch die nächsten Jahre werden leiden müssen.
Angesichts der vielen offenen Baustellen und großen unbewältigten Herausforderungen in unserer Gemeinde (Hortanbau, Kieferndamm, Brandenburgische Straße, weiterführende Schule, etc.) handelt es sich bei der hier auf der Grundlage von irreführenden Informationen des Bürgermeisters getroffenen Entscheidung der Marionet…, äh Gemeindevertreter um eine nicht verantwortbare Festlegung zur Ausgabe unserer knappen Investitionsmittel für die nächsten Jahre!
Wenn alles in der Gemeinde fertig und in bestem Zustand wäre, könnten wir uns über Derartiges vielleicht unterhalten. Jedoch nicht in unserer jetzigen Lage!
Einen solchen unnötigen Unsinn können wir uns jedoch in unserer derzeitigen Situation in Schöneiche nicht leisten! Dass sollen die Gemeindevertreter und der Bürgermeister, die diese Fehlentscheidung mit langjährigen Folgen zu verantworten haben, mal den Anwohnern des Kieferndamms, der Brandenburgischen Straße oder den Eltern der Kinder in den beiden extrem überbelegten Horten erklären!
Dr. Philip Zeschmann
Ihr partei- und fraktionsunabhängiger Gemeindevertreter und Kreistagsabgeordneter

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3 Gedanken zu „Gemeindevertretung Schöneiche – von der kostenlosen Theatervorstellung zum peinlichen Trauerspiel mit lauter Statisten

  1. lk

    Wenn man den Artikel liest, beschleicht einen das Gefühl, daß das was hier geschrieben wurde nicht in der Sitzung der Gemeindevertretung gesagt werden durfte. Er liest sich wie eine Redeskript eine Bundestagsabgeordneten der mit populistischen und verletzenden Formulierungen arbeitet. Mag der sachliche Inhalt auch ganz oder in Teilen korrekt sein, mußte ich mich regelrecht dazu zwingen, mehr als die ersten Zeilen zu lesen.

    „Alle doof, außer mich“ heißt ein T-Shirt-Spruch, der mir dazu spontan einfällt.

    Man bedenke: Die Gemeindevertreter sind keine studierten Politikwissenschaftler sondern Menschen aus unserer Mitte. Natürlich kann man da nicht immer 100 % Wissen erwarten. Jeder macht diesen Job so gut er / sie das eben kann und dafür verdienen alle meinen Respekt und nicht die unterschwellig Botschaft dieses Textes: „Die haben doch keine Ahnung und lassen sich für dumm verkaufen.“

    Schade, daß manche ihre Aufgabe und Fähigkeiten so maßlos überbewerten.

    Aus eigenem Erleben im Bildungs- und Sozialausschuss unsere Gemeinde weiß ich, daß viele zuzugwilligen Familien ihren künftigen Wohnort danach aussuchen, ob es gute und vor allem freie KITAplätze dort gibt. Der Wunsch nach einer weiteren KITA ist demnach nicht völlig abwägig. Auch wenn ich mir ordentliche Straßen im ORt sehr wünsche, kann ich nur empfehlen: Diskutiert in der GV sachlich und nicht populistisch. Tauscht Argumente aus und akzeptiert andere Standpunkte. Schafft oder sammelt Mehrheiten für gute Entscheidungen und dann setzt diese um! Populismus und Streit hilft uns nicht weiter!

    Lutz Kumlehn

    • Thomas Fischer

      Lieber Herr Kumlehn,

      vielen Dank für Ihren Kommentar, der, aus der Distanz geschrieben, den Sachverhalt ziemlich gut trifft und in seinen Ermahnungen in die richtige Richtung weist.

      Aber zur Sache: Es dreht sich darum, aktuelle, u.a. aus dem Einwohnermeldeamt frisch zugesteuerte Zahlen zur Kenntnis zu nehmen. Um nicht mehr, aber auch um nichts weniger. Insbesondere scheint Herr Dr. Zeschmann leider nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, daß für die augenblickliche Nutzung der ehemaligen Lindenschule und des Cottages vom Kreis immer nur Ausnahmegenehmigungen erteilt werden und beide Gebäude langfristig nicht für eine Nutzung als Kita geeignet sind. Was daraus dann abgeleitet werden muß (Neubau?), ist eine andere Sache und hatte mit dem Gegenstand dieser BV hier nichts zu tun.

      Und in gewisser Weise war es auch absurd, wie hartnäckig Frau Griesche die Prognosen (!) des Kreises aus dem Jahr 2008 verwenden wollte, die mit den aktuellen, tatsächlichen Gegebenheiten nichts mehr zu tun haben.

      Nun, einer der Teilnehmer aus dem Zuhörerkreis meinte, hier müßte man Vergnügungssteuer zahlen und er würde das gerne tun. So milde kann man es vielleicht auch sehen.

      Viele Grüße
      Thomas Fischer
      Gemeindevertreter

    • Dr. Philip Zeschmann

      Die sachliche Darstellung der Zahlen im zusammenhang wurde genau so in der Gemeindevertretung vorgetragen.

      Sachlicher als auf Basis der Zahlen, die die Verwaltung selbst vorlegt, geht aber nun wirklich nicht mehr!

      Und nur so am Rande: Die Gemeindevertreter sind die gewählten Vertreter aller Bürger und haben damit auch eine gewisse Verpflichtung und Verantwortung ihre Rolle auch aktiv wahrzunehmen. Das kann auch jeder – wenn er nur will!

      Wer dort nur sitzt um ab und zu bereitwillig die Hand zu Allem und Jedem zu heben, was der BM auftischt – oftmals ohen seine Unterlagen überhaupt gelesen zu haben- , gehört dort nicht hin und wird seiner Aufgabe und Verantwortung nicht gerecht!

      Ein derartiges Verhalten ist den Bürgern, die diese Gemeindevertreter vertreten sollen, wohl auch kaum zu erklären!

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