Wohnprojekt im alten Rathaus

2013 führte die zuständige Sachbearbeiterin von der Gemeindeverwaltung Schöneiche regelmäßig Besuchergruppen durch die ehemalige Bürgelschule und das alte Rathaus. Letzteres ein spröder Bau, dem bei einer Umgestaltung in den 1930er Jahren die schmalen langen Fenster verpasst worden sind.

Bei einer dieser Immobilienbesichtigungen, an der wie so oft größtenteils Männer vom Baufach und Immobilienmakler teilnahmen, kamen drei Damen miteinander ins Gespräch, die durch ihr Aussehen und Verhalten aus der Gruppe herausstachen. Sie entdeckten gemeinsame Interessen und begründeten die Gruppe »Wohnprojekt Schöneiche«, die inzwischen auf 16 Erwachsenen und zehn Kinder zwischen 3 und 63 Jahren angewachsen ist. Im Grünen und in einer Gemeinschaft wollen sie leben, rund zwei Drittel der Gruppe wohnte schon seit längerer Zeit in Schöneiche. Generationenübergreifend, möglichst ökologisch und respektvoll soll es dabei zugehen.

In Berlin gibt es viele solche Hausgruppen, die meist jahrelang nach geeigneten Objekten suchen. »Die Besonderheit an unserem Projekt ist, dass wir uns nicht zuerst als Gruppe zusammengefunden und dann ein Haus gesucht haben«, erzählt Heike Krüger, »trotzdem gibt es einen sehr bewussten Gruppenprozess.« Heikle Themen wie Geld werden offen besprochen, ein achtsamer Umgang miteinander wird anhand von konkreten Situationen beredet.

Sie selbst hat zuvor in Berlin-Friedrichshain gewohnt, ist aber vor zwei Jahren mit ihrem argentinischen Lebensgefährten nach Schöneiche zurückgekehrt, wo sie aufgewachsen ist. Hintergrund war, mit dem Kind in der Nähe der einen Großeltern zu sein – wenn die anderen Großeltern schon in Argentinien leben. Auf Dauer möchte die 33-Jährige aber nicht als Kleinfamilie leben, sondern sie wünscht sich Austausch mit anderen, die Möglichkeit, Kinder mit anderen Kindern aufwachsen zu lassen. »In Schöneiche ist die Infrastruktur auf ältere Menschen fokussiert. Es gibt kaum Orte, wo junge Leute mit Kindern hingehen können.«

In jedem Garten stehe ein separates Trampolin. Im alten Rathaus soll nun alles anders werden. Neben den einzelnen Wohnungen werde es eine großzügige Gemeinschaftsküche und ein Spielzimmer für alle Kinder geben, außerdem eine Werkstatt und andere Arbeitsräume, die auch der Nachbarschaft zur Verfügung stehen.

Ursprünglich plante die Gruppe in der alten Schule, die sie zusammen mit dem Rathaus kaufen wollte, ein Familiencafé mit einer kleinen Bühne einzurichten. Das Souterrain des Gebäudes hätte sich gut für einen solchen öffentlichen Raum geeignet. Doch obwohl sie für beide Gebäude geboten hatte, musste die Gruppe sich später vom Kauf der Schule zurückziehen. Die Sanierungskosten wären höher gewesen als zunächst kalkuliert, was letztendlich zu nicht mehr bezahlbaren Mietpreisen geführt hätte.

Dabei geht es nicht nur um günstige Wohnungsmieten, wie Heike Krüger betont, sondern auch darum, öffentlich nutzbare Räume für die Nachbarschaft anzubieten, die ebenfalls finanziert werden müssen. Da nur eins der beiden Objekte gekauft wurde, kann auch erst ein Teil der Gruppe im kommenden Jahr zusammenziehen. Doch Heike Krüger ist zuversichtlich, auch den zweiten Teil des Gemeinschaftsprojekts realisieren zu können.

Anfang 2015 soll die ehemalige Schule an der Käthe-Kollwitz-Straße erneut zum Verkauf ausgeschrieben werden, bestätigt Bürgermeister Heinrich Jüttner. Die Gemeinde sei dabei nicht verpflichtet, an den Höchstbietenden zu verkaufen. »Wir behalten uns immer vor, auch soziale Kriterien anzulegen«, sagt Jüttner.

Unterstützung erhält die WohnTat Wohnprojekte GmbH von der Stiftung Nord-Süd-Brücken, die ein Darlehen zu günstigen Konditionen vergibt, der Rest wird über Kredite der Mitglieder, Freunde und Verwandten gedeckt. Dabei ist es nicht so, dass jede Person eine feste Einlage einbringen muss. Vielmehr richtet sich die Beteiligung nach den finanziellen Möglichkeiten jedes Einzelnen. Aber die Finanzierung unterscheidet sich auch in anderer Hinsicht von herkömmlichen Modellen. Es wird in dem Projekt kein Einzeleigentum geben, das die Bewohner nach einen Auszug wieder verkaufen könnten. Statt dessen wird der kollektive Charakter des Wohnprojekts über das Modell des Mietshäuser Syndikats langfristig gesichert. Die im Mietshäuser Syndikat organisierten Häuser werden immer über eine GmbH mit zwei Teilhabern gekauft: auf der einen Seite der jeweilige Hausverein, auf der anderen das Freiburger Mietshäuser Syndikat. Nur mit den Stimmen von beiden könnte ein Haus wieder verkauft oder in Einzeleigentum aufgeteilt werden, und das liegt nicht im Interesse des Syndikats. Bundesweit sind über das Syndikat 89 Hausprojekte organisiert, acht davon liegen in Brandenburg.

Quelle: www.neues-deutschland.de

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Redaktion Schöneiche Online