CDU, SPD und NF/GRÜNE/FFW beerdigen kommunale Wohnungsgesellschaft

(PM/DIE LINKE) In der Juli-Sitzung der Schöneicher Gemeindevertretung hat eine Mehrheit aus den Fraktionen CDU, SPD, NF/GRÜNE/FFW und Bürgermeister Ralf Steinbrück (SPD) mit 11 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung einen ein Jahr zuvor gefassten Beschluss aufgehoben. Dessen Ziel war die Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft.

Mehr Transparenz, Beteiligung und sozialer Wohnungsbau

Der damalige Antrag war gemeinsam von LINKEN, CDU, FDP und Bürgerbündnis Schöneiche (BBS) erarbeitet und eingebracht worden. Darin war vorgesehen, die bisher von der Gemeindeverwaltung miterledigte Bewirtschaftung der rund 280 kommunalen Wohnungen zum 1.1.2018 in einen öffentlich-rechtlichen Eigenbetrieb zu überführen, der auch für den Bau neuer Wohnungen für Menschen mit niederigen Einkommen verantwortlich sein sollte. Damit waren drei zentrale Ziele verbunden:

  1. Mehr Transparenz der kommunalen Wohnungswirtschaft durch Herauslösung aus dem Gemeindehaushalt,
  2. Flexiblerer und schnellerer Neubau von preiswerten Mietwohnungen durch Minimierung der Finanzierungskonkurrenz zwischen Wohnungsbau und anderen Investitionsvorhaben,
  3. Demokratisierung der Entscheidungsstrukturen durch klare Regelungen in der Betriebssatzung inklusive Einführung von Mieterbeteiligung.

Nach intensiven Beratungen wurde eine Kompromisslösung mit großer Mehrheit (16 zu 3 Stimmen bei drei Enthaltungen) angenommen. Diese sah insbesondere vor, alternative Rechtsformen durch den Bürgermeister prüfen zu lassen und für die Gründung der Gesellschaft ein Jahr mehr Zeit zu geben. Es blieb bei dem Ziel: Die kommunalen Wohnungen sollten in eine Wohnungsgesellschaft überführt werden.

CDU fällt um, SPD gespalten

Das Ergebnis war begrenzt überraschend: Der ohnehin skeptische Bürgermeister legte Anfang 2018 ein vernichtendes „Prüfungs“ergebnis vor. Der im Beschluss favorisierte Eigenbetrieb besitze keinerlei Vorteile im Vergleich zum Ist-Zustand und die Alternative GmbH würde horrende Kosten für die Grunderwerbssteuer verursachen. Ohnehin sei der Eigenbetrieb eine überholte Rechtsform und für Wohnungsunternehmen unüblich. Er schlug deshalb die Aufhebung des Beschlusses vor. Ein ziemlich dreistes Unterfangen. Immerhin hatte ihn die Gemeindevertretung mit der Vorbereitung der Gründung einer Wohnungsgesellschaft zum 1.1.2019 beauftragt. Dafür wurden mehrere Tausend Euro für externe Beratung ausgegeben.

Mindestens die Behauptungen über den Eigenbetrieb entpuppten sich als glatte Falschinformation. Auch die einseitigen Angaben zur GmbH waren löchrig und hielten dem Einwand, die Gesellschaft könne auch Gemeindeimmobilien verwalten ohne diese zu erwerben, nicht stand. Dennoch fiel die CDU um und schwenkte ohne Not auf die Linie der Verwaltung ein. Sie verweigerte sogar jede gemeinsame Beratung der ursprünglich antragstellenden Fraktionen zum weiteren Vorgehen. Die SPD, die den Kompromissbeschluss noch befürwortet hatte stützte – wenig überraschend – bis auf eine Ausnahme die Position des Bürgermeisters.

Auseinandersetzung um Wohnungspolitik wird fortgesetzt

So wird es auch in Zukunft keine kommunale Wohnungsgesellschaft in Schöneiche geben. Sie wäre keine eierlegende Wollmilchsau zur Beseitigung des Wohnungsmangels gewesen. Aber sie hätte einen wichtigen Baustein dargestellt, um wieder mehr Menschen mit geringen Einkommen das Leben in der „Waldgartenkulturgemeinde“ zu ermöglichen.

DIE LINKE hält an der Forderung nach Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft fest. Nach der Kommunalwahl im Mai 2019 wird dieses Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt.

Bei einer offenen Zukunftswerkstatt am 29. September 2018 diskutieren wir, welche Ziele der Wohnungs- und Ortsentwicklungspolitik in das linke Kommunalwahlprogramm 2019 einfließen werden. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen! Die Veranstaltung findet 10-13 Uhr im Feuerwehrhaus (Brandenburgische Str. 86) statt.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.linke-schoeneiche.de.

Die Linke
Die Linke hat in Schöneiche rund 60 Mitglieder und parteilose Unterstützerinnen und Unterstützer. In der Gemeindevertretung sind wir derzeit mit 17,5 Prozent der Stimmen bzw. einer Fraktion aus 4 Mitgliedern vertreten.

4 Gedanken zu „CDU, SPD und NF/GRÜNE/FFW beerdigen kommunale Wohnungsgesellschaft

  1. Heinrich Jüttner

    Eine kommunale Gemeindevertretung ist KEIN PARLAMENT und deshalb gibt es auch keine Opposition. Und es sollte auch kein Spielplatz sein für Politiker, die sich zu Größerem berufen fühlen und lieber in einem großen Parlament sitzen würden. Herr Viertel denkt wie ein Bundes- oder Landespolitiker und nicht wie ein Gemeindevertreter, der nicht seiner Partei, sondern der gesamten Gemeinde verpflichtet ist. Es geht um gemeinsame Lösungen und nicht um Regierung und OPPOSITION.

  2. Fritz R. Viertel

    Die Gemeindevertretung hat am 12.07.2017 folgenden Beschluss gefasst (= o.g. Kompromissversion des ursprünglichen Antrages von CDU, BBS/FDP und DIE LINKE):

    1. Die Gemeindevertretung strebt die Ausgliederung der kommunalen Wohnungswirtschaft aus der Gemeindeverwaltung zum 1.1.2019 an. Die kommunale Wohnungswirtschaft soll in eine eigenständige Rechts- bzw. Organisationsform, möglichst als Eigenbetrieb, überführt werden.

    2. Die Aufgaben des Eigenbetriebs sollen insbesondere die Verwaltung des kommunalen Wohnungsbestandes sowie die Sanierung und der Neubau kommunaler Wohnungen im Gemeindegebiet insbesondere zum Zwecke der Wohnraumversorgung einkommensschwacher Haushalte umfassen.

    3. Der kommunale Wohnungsbestand und die damit verbundenen Vermögenswerte sind, einschl. der für den Wohnungsbau geeigneten Grundstücke, zu übertragen.

    4. Die demokratische Kontrolle und strategische Steuerung ist durch einen Werksausschuss (oder ein vergleichbares Organ) sicherzustellen. In diesem Kontroll- und Aufsichtsorgan sollen auch Gemeindevertreter/innen, Mietervertreter/innen und sachkundige Dritte vertreten sein.

    5. Der Bürgermeister wird beauftragt, der Gemeindevertretung bis spätestens zur Sitzungsrunde 01/18 eine Empfehlung zur Umsetzung sowie alternative Rechts- und Organisationsformen vorzulegen. Hierzu ist für die entsprechenden Rechts- und Organisationsformen eine vergleichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung (u.a. Personal- und Sachmittelbedarf) sowie eine Gegenüberstellung der jeweiligen haushaltswirtschaftlichen/-rechtlichen, steuerlichen, vergaberechtlichen, organisatorischen und personalwirtschaftlichen Unterschiede zu erstellen.

    6. Die Gemeindevertretung bewilligt eine außerplanmäßige Ausgabe von 10.000 Euro für externe Prüfungs- und Beratungsleistungen.

    (Beschluss Nr. 6./2017/364)

    Verwiesen sei insbesondere auf den Wortlaut der Punkte 1, 2 und 5. Aus Sicht der Linksfraktion handelt es sich hierbei um einen klaren Auftrag zur Vorbereitung der Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft. Kern hätte ein Fahrplan mit konkreten Schritten/Maßnahmen zur Gründung zum 1.1.2019 sein müssen. Der Bürgermeister hat stattdessen einzig ein Papier vorgelegt, um seine Einschätzung zu stützen, der Beschluss sei nicht sinnvoll. Dies ist als politische Einschätzung legitim, auch wenn wir sie nicht teilen. Nicht in Ordnung ist, dass die Verwaltung auf einen Fahrplan zur Umsetzung des Beschlusses komplett verzichtet! Und zugleich so tut, als sei ihre Stellungnahme eine rein juristische/wirtschaftliche Betrachtung und keine politische Positionierung.

    Dass dem tatsächlich so ist, führen wir insbesondere auf drei Punkte zurück:

    A) Die Behauptung, der Eigenbtrieb sei als Rechtsform für kommunale Unternehmen überholt und käme in der Wohnungsverwaltung nur in einem einzigen Fall zum Einsatz, ist grober Unfug. Wer sich einer herkömmlichen Internet-Suche bedient findet unzählige Eigenbetriebe in diversen Tätigkeitsbereichen (z.B. KWU im LOS). Es gibt dutzende kommunale Wohungsgesellschaften als Eigenbetriebe.

    B) Die Behauptung, der Wohnungsbestand sei für eine eigenständige Verwaltung zu klein, lässt sich ebenso widerlegen. Gerade Eigenbetriebe der kommunalen Wohnungswirtschaft haben ganz unterschiedliche Bestände, z.T. mit deutlich weniger Wohnungen als Schöneiche. Die Kleinstadt Müllheim (18.000 Einwohner*innen) z.B. hat 2015 eine kommunale Wohnungsgesellschaft als Eigenbetrieb gegründet unter ganz ähnlichen Rahmenbedingungen wie bei uns und mit exakt den gleichen politischen Zielen (s.o.) – ausgehend von einem Bestand mit 133 Wohneinheiten!

    C) Die Behauptung immenser zusätzlicher Kosten trifft bei genauerer Betrachtung nicht zu. Ein Eigenbetrieb muss keine separat bezahlte Werkleitung haben! Diese Aufgabe kann der Bürgermeister oder eine von ihm beauftragte Gemeindebedienstete wahrnehmen (§4 Abs. 1 Eigenbetriebsverordnung). Ähnlich bei einer GmbH, deren Geschäftsführung auf gleiche Weise erledigt werden kann (wie z.B. in Neuenhagen). Einzig bei der GmbH-Variante müsste eine Lösung gefunden werden, um hohe Kosten für die Grunderwerbssteuer bei der Grundstücksübertragung zu vermeiden. Wie eine einfache Lösung hierfür aussehen könnte, hat Gemeindevertreter Hans-Joachim Hutfilz (SPD) skizziert: Die Bestandsgrundstücke würden nicht an die Wohnungsgesellschaft übertragen, sondern nur von dieser bewirtschaftet.

    Alle (vermeintlich) objektiven Argumente gegen eine Wohnungsgesellschaft lassen sich also widerlegen. Zudem sind sie alle nicht neu, sondern waren schon beim Beschluss von 2017 bekannt und auch Gegenstand der Beratungen zwischen den drei beteiligten Fraktionen. Da sich am Sachstand nichts geändert hat, waren wohl politische Gründe dafür ausschlaggebend, dass die CDU-Fraktion sich aus dem gemeinsamen Projekt verabschiedet hat.

    Das ist an sich vollkommen legitim. Genauso wie der Umstand, dass dadurch nun eine Mehrheit zur Beerdigung des Projekts zustande kam. Allen Verängstigten kann ich versichern, dass DIE LINKE nun keinen Putsch mit Sturm auf das Rathaus plant! Wir müssen diesen Mehrheitsbeschluss aber nicht gutheißen und auf Kritik daran verzichten, nur weil wir dabei in der Minderheit waren. Ganz im Gegenteil: Öffentliche Kritik an Mehrheitsbeschlüssen und das Werben um andere Mehrheiten nach Wahlen ist Kerngeschäft von Opposition in der parlamentarischen Demokratie! So und nicht anders ist unsere Ankündigung zu verstehen, das Thema in der neugewählten Gemeindevertretung erneut auf die Tagesordnung zu setzen.

  3. Heinrich Jüttner

    Alles hat auch eine Geschichte. Aber wen interessiert schon Geschichte?
    Das Thema beschäftigt die Gemeinde schon seit der ersten demokratischen Kommunalwahl 1990.
    Damals wurde die Wohnungsverwaltung durch die KWV beendet. Der Ruf der KWV war nicht sehr positiv.
    Anschließend wurden die Wohnungen der Gemeinde Schöneiche bei Berlin per Vertrag durch die kommunale Wohnungsverwaltung der Gemeinde Woltersdorf (GmbH) mitverwaltet. Ab 1997 wurden die Wohnungen durch die Genossenschaft Berliner Bär mitverwaltet. Als der Berliner Bär den Vertrag nicht mehr verlängern wollte, entschied die Gemeindevertretung, die rund 300 Wohnungen selbst zu verwalten.
    Die Mieterinnen und Mieter der kommunalen Wohnungen waren und sind mit der Verwaltung durch die Gemeinde selbst zufrieden bis sehr zufrieden.
    Es wurden nach 1990 sehr viele Wohnungen saniert.
    Die Mieten blieben sozial.
    Die Vermietung erfolgt unter Kontrolle eines kleinen Ausschusses der Gemeindevertretung vor allem nach sozialen Kriterien.
    Die Wohnungsverwaltung war und ist transparent. Es gab jährliche Abschlussberichte und auch Zwischenberichte über Einnahmen und Ausgaben sowie Investitionen, Instandhaltung, Instandsetzung und Modernisierungen.
    Die Gemeindevertretung hat die Grundsätze der Wohnungsverwaltung beschlossen und die Umsetzung kontrolliert.
    Die besten Kontrolleure waren und sind aber die Mieter!
    Die Wohnungsverwaltung der Gemeinde ist demokratisch und transparent.
    Eine kommunale Wohnungsgesellschaft kostet zusätzliches Geld, z.B. für einen verantwortlichen Geschäftsführer einer GmbH oder einen Werkleiter für einen Eigenbetrieb. Dieses Thema wurde etwa alle paar Jahre auf Beschluss der – jeweils neuen – Gemeindevertretung diskutiert und beschlossen.
    Auch jetzt wurde nach fachlicher Prüfung öffentlich beraten und mehrheitlich beschlossen.
    Für die LINKE, hier vor allem Herr Viertel, sind aber Beschlüsse wohl nur dann demokratisch, wenn diese so sind, wie die LINKE das will.

  4. Lutz Kumlehn

    Der Artikel beschreibt leider nur in Teilen die tatsächlichen Ereignisse.

    Tatsächlich gab es eine demokratische Mehrheit dafür, die Gründung einer, künftig extern geführten Wohnungsverwaltung zu prüfen.

    Dazu legte der Bürgermeister – konform zur Beschlussfassung – eine gutachterliche Stellungnahme eines Fachbüros aus Dresden vor.

    Die Fraktion DIE LINKE hat den Inhalt dieser gutachterlichen Stellgnahme seit dem Vorliegen inhaltlich nicht akzeptiert.

    Andere Fraktionen, unter anderem die Fraktion CDU/FDP, haben die Inhalte anders bewertet als die Linksfraktion.

    Offenbar, so kann man es aus dem Abstimmungsergebnis ableiten, gab es eine demokratische Mehrheit, die die Gründung einer Wohnungsgesellschaft nicht länger für zielführend gehalten haben.

    Natürlich bleibt es der Linksfraktion offen, erneut dieses Thema zur Beratung in der Gemeindevertretung vorzulegen.

    Hier jedoch zu suggerieren, nach der Wahl im kommenden Frühsommer, werde dieses Ziel umgesetzt, halte ich für nicht angemessen.

    Der Wahlkampf und das Sommerloch lässt grüßen.

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