Privat oder Staat: Wer zahlt für den Straßenbau?

(PM/DIE LINKE) Die Anliegerbeiträge für den Straßenbau sind derzeit in aller Munde. Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen schaffen sie ab, Brandenburg womöglich auch. Die Erschließung der „Sandstraßen“ wäre davon nicht betroffen, hier zahlen Anlieger*innen weiterhin 90% der Kosten. Auch deshalb sind Kommunen wie Bernau mit guten Beispiel vorangegangen und haben ihre Einwohner*innen entlastet.

Doch wie sieht eigentlich die rechtliche Situation aus? Was passiert derzeit auf landespolitischer Bühne und was könnte die Gemeinde Schöneiche selbstständig tun? Die Linksfraktion in der Schöneicher Gemeindevertretung lädt ein zu einem Info- und Diskussionabend zur Frage der Straßenbau- und Erschließungsbeiträge am Mittwoch, dem 23. Januar 2019, 19-21 Uhr in die Kulturgießerei (An der Reihe 5) ein.

Als Gast begrüßen wir André Stahl, Bürgermeister von Bernau. Lothar Blaschke vom Verein Stop von Straßenbaubeiträgen in Deutschland e.V. hat seine Teilnahme leider kurzfristig abgesagt. Dafür wird Fritz Viertel, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Kommunalpolitik und Ortsvorsitzender der Partei DIE LINKE einspringen.

Der Eintritt ist frei.

Die Linke
Die Linke hat in Schöneiche rund 60 Mitglieder und parteilose Unterstützerinnen und Unterstützer. In der Gemeindevertretung sind wir derzeit mit 17,5 Prozent der Stimmen bzw. einer Fraktion aus 4 Mitgliedern vertreten.

6 Gedanken zu „Privat oder Staat: Wer zahlt für den Straßenbau?

  1. Fritz R. Viertel

    @Anke Winkmann: Also dem MOZ-Beitrag zur Diskussion in Biesenthal zufolge stellte es sich wohl etwas differenzierter dar. Immerhin gab es im dortigen Bauausschuss offenbar sehr unterschiedliche Bewertungen. Das „Bernauer Modell“ schließt normgerechte Erschließungsmaßnahmen übrigens nicht aus. Dort, wo die Anlieger*innen mehrheitlich dafür sind wird diese auch ausgeführt. Ansonsten greift die Option der „erweiterten Straßeninstandsetzung“ mit Asphaltdecke auf dem bestehenden Sand-/Schotteruntergrund. Die Kosten dafür belaufen sich laut dem Bernauer Bürgermeister auf etwa 120 Euro pro laufendem Meter. Anlieger*innen aus Schöneicher Sandstraßen haben bei der Veranstaltung von Kosteninformationen der Verwaltung mit mehr als 1000 Euro pro laufendem Meter berichtet. Davon tragen sie dann 90%. Wenn man von den Menschen ausgeht, die es sich zu den aktuellen Grundstücks- und Baupreisen leisten können, in ein neues Eigenheim nach Schöneiche zu ziehen mag das bedeutungslos sein. Etliche „Ältereingesessene“ mit geringeren Einkommen sind allerdings in einer etwas anderen Situation.

  2. Anke Winkmann

    Hier noch ein konkretes Beispiel aus Kommunen:
    Was der Bernauer Bürgermeister Andre Stahl (Linke) und Fritz Viertel (Linke) hier in Schöneiche so anpreisen, führte in Biesenthal schon nach kurzer Zeit zu Ernüchterung. Der Bauausschuss empfahl wegen erhöhter Schadenanfälligkeit und Kosten nach gerade mal 5 Jahren die Rückkehr zum normgerechten Straßenausbau und dies beschlossen die Stadtverordneten dann auch mehrheitlich (die Kosten für Grundstückszufahrten und Straßenbeleuchtung tragen die Anwohner auch in Bernau selbst):
    https://www.moz.de/landkreise/barnim/bernau/artikel3/dg/0/1/1567933/

  3. Fritz R. Viertel

    @Lutz Kumlehn: Da sind wir uns einig. Wir haben bei der Veranstaltung übrigens auch darauf hingewiesen, dass Alternativen zur grundhaften Erschließung durch das BBS schon einmal in die Diskussion gebracht wurden. Es fehlte bisher an konkreten Vorbildern aus anderen Kommunen, die zeigen, dass dies rechtlich wasserdicht in Anliegerstraßen (und nicht nur auf Wald- und Feldwegen) möglich ist. Bernau macht es nun vor mit seinem Modell der „erweiterten Straßeninstandhaltung“ und der dortige Bürgermeister bietet explizit an, das Wissen und die Erfahrung seiner Verwaltung weiterzugeben. Das sollten wir nutzen!

    • Lutz Kumlehn

      Lieber Fritz, als jemand, der beruflich mehr als 20 Jahre im Straßen- und Gleisbau tätig ist, liegt mir das Thema Straßen naturgemäß am Herzen.
      Am 01.12.2014 habe ich unserem damaligen Bürgermeister hierzu eine sehr ausführliche E-Mail zugesandt, auf der ich Bezug auf den Gemeindestraße-Leitfaden Brandenburg Ausgabe 2012 Bezug genommen habe. In Abschnitt 7.5 ab Seite 32 sind z.B. „Erneuerungsbauweisen unter Einbeziehung der Substanz“ beschrieben. Wen es Interessiert, der kann das hier nachlesen: https://www.ls.brandenburg.de/media_fast/4055/GS-Leitfaden%202012%20Neu.pdf

      Fakt ist in Schöneiche jedoch eins: Zu Zeiten des DDR-Regime’s wurden die heute in Schöneiche und anderswo bestehenden Sandstraßen, an denen gebaut wurde, nicht befestigt und es hat damals offenbar niemanden gestört. Wir leben heute in einem geeinten Deutschland und im 21. Jahrhundert wo demnächst die Daten des weltweiten Internet’s schneller per Mobilfunkstandard 5G nutzbar sind, als über jeden Festanschluss zu Hause. Viele möchten Verbrennungsmotoren abschaffen und nur noch „State of the Art“ mit Elektroautos fahren oder den (ungenügend ausgebauten) ÖPNV nutzen.
      Aber wir muten den Bürgerinnen und Bürgern zu, auf unbefestigten Sandpisten mit ihren wahnwitzig teuren Elektroautos, den bewegungseingeschränkten Menschen mit Rollatoren oder den Rollstuhlfahrern über solche Pisten zu holpern?
      Diese Straßen gehören in einen ordentlichen und zeitgemäßen Zustand versetzt und dabei muss es in den meisten Fällen kein „grundhafter“ Ausbau sein. Bauweisen wie für Forst- und Landwirtschaftliche Wege sind ggfs. durchaus geeignet.
      Und das Schöneiche seine Straßen zwischen 1990 und Ende 2016 bewusst hat kaputtgehen lassen um Geld beim Straßenunterhalt zu sparen und dann auf Kosten der Anwohner komplett neu bauen zu „müssen“;-) , dürfte wohl langsam jedem klar sein.
      Seit dem Amtswechsel im Rathaus haben sich die Prioritäten der Amtsspitze diesbezüglich verändert. Es wird endlich was gemacht! Das begrüße ich außerordentlich.
      Wir müssen mit unserem Bauamt und den jeweils gebundenen Planern nur noch die Anforderungen der Bauweisen justieren. Dazu sollte in der Gemeindevertretung ein Konsens hergestellt werden.
      Von heutigen Häuselbauern erwarten wir (Bundesgesetzgebung), dass sie die die Erschließung zum ihren Grundstücken größtenteils selbst bezahlen. Die, die heute noch an Sandstraßen leben, sind bisher nur davon verschont geblieben. Sollten die Parteien Wort halten, werden die Unterhaltung und der Ersatzneubau künftig für die Anwohner kostenfrei sein. Die Linke sagt dies zwar, ist auch in Regierungsverantwortung, aber ob es auch durchgesetzt wird, ist offen. Die SPD weigert sich bisher vehement und FDP, Freie Wähler und CDU haben dies in ihren Wahlprogrammen für die LTW im Herbst diesen Jahres.

  4. Lutz Kumlehn

    Schon im April 2017 berichtete die MOZ darüber, dass die gemeinsame Fraktion von Bürgerbündnis und FDP für den Sandstraßenausbau auch alternative Bauweisen anwenden solle. https://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1565339

    Da bei hatten wir insbesondere die Methode Dünnschichtige Beläge im Blick. Denn was für Wirtschaftswege in Forst und Landwirtschaft funktioniert, ist auch für reine Anwohnerstraßen geeignet und viel kostengünstiger als die praktizierte Variante.
    Siehe auch hier : https://wp.me/p4WbtA-7he
    Schön, wenn die Linke das auch entdeckt hat.

  5. Dr. Kalke

    Anerkennung!
    40…50 Bürger durch Herrn Viertel und den BM der Gemeinde Bernau, Herrn Stahl gut informiert zu Sandstraßen-Neu-Bau und Straßensanierung gem. KAG und Straßenausbausatzung.

    Interessant!
    Das beherzte Vorgehen einer nahezu mutigen Gemeindevertretung in Sachen Sandstraßen: Durch „erweiterte Instandhaltung“ – den Begriff kennt leider kein Verwaltungsfachangestellter … 😉 …. werden scheinbare Sandstraßen zu sehr günstig hergestellten befestigten Anliegerstraßen mit finanziellem Gewinn für Anlieger UND Gemeindekasse. Das sollte schnell Schule machen in Schöneiche. Wenn möglich, noch vor unseren Mai-Wahlen… Den Handlungs-Druck dafür müssen aber wir betroffene Anlieger + Wähler machen! Beteiligt euch!

    Danke!
    an Die Linke(n) für die informativen 2 Stunden
    Ihr Dr. Ralf Kalke aus der Brandenburgischen Straße

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