Heiße Diskussion endet mit Einwohnerbeteiligung

(Artikel/P. Pohle) In der Tagesordnung der Gemeindevertretung am 25.09.2019 stand noch Bebauungsplan 25/19 „Weiterführende Schule Wittstockstraße/Woltersdorfer Straße“, Aufstellungsbeschluss.  Die Einwohnerfragestunde dauerte fast eine Stunde und drehte sich neben Sandstraßen hauptsächlich um den Aufstellungsbeschluss zum Schustandort. Insgesamt meldeten sich 7 Bürger zum Thema  und äußerten Ihre Bedenken zum Standort. 

Dazu kamen zwei Änderungsanträge der Fraktionen UBS und BBS/FDP/Schön und eine Bürgerinitiative, die eine Unterschriftenliste  mit der Forderung nach einer Einwohnerversammlung vor der Beschlussfassung übergab.

Im Ergebnis dieser Diskussion in den Ausschüssen vollzog die SPD-Fraktion eine Wende zu Ihrem bisherigen Standpunkt und brachte einen Antrag zu Geschäftsordnung ein, der in vollem Umfang der Einwohnerbeteiligungssatzung von Schöneiche entspricht.  Dort heißt es:

„Die Information von Einwohnerinnen und Einwohner ist ein sehr bedeutsamer Bestandteil kommunaler Selbstverwaltung und Demokratie. Ziel ist die qualifizierte Einbeziehung der Einwohnerinnen und Einwohner in kommunale Angelegenheiten sowie die Aktivierung der Beteiligten an einer nachhaltigen Ortsentwicklung. Die Gemeindevertretung ist zur gemeinsamen Willensbildung verpflichtet, die Einbeziehung der Einwohnerinnen und Einwohner in geeigneter Weise dauerhaft zu entwickeln und zu stärken, insbesondere auch durch eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit.“

Dementsprechend beschloss die Gemeindevertretung am 25.09. 2019

  1. Die Gemeindevertretung beschließt, die Beschlussvorlage „BV 012/2019 Bebauungsplan 25/19‚Weiterführende Schule Wittstockstraße/Woltersdorfer Straße‘, Aufstellungsbeschluss“ zurückzustellen.
  2. Der Bürgermeister wird beauftragt eine weitere Einwohnerversammlung zum Thema „Schulstandort einer weiterführenden Schule“ einzuberufen.
  3. Der Bürgermeister wird beauftragt, gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 3 der Hauptsatzung, eine Einwohnerbefragung durchzuführen. Dabei sollen zum einen 1000 zufällig ausgewählte für Kommunalwahlen wahlberechtigte Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde schriftlich befragt werden. Zum anderen sollen die Erziehungsberechtigten aller Schülerinnen und Schüler der Schöneicher Grundschüler schriftlich befragt werden (je Grundschüler/in eine Stimme).

Die zur Abstimmung stehende Frage lautet: „Welches ist aus Ihrer Sicht der geeignetste Standort für eine weiterführende Schule in Schöneiche bei Berlin?

1) Am Weidensee (ehem. Kartoffelbunker),

2) Kalkberger Straße (ggü. Straßenbahnhaltestelle Jägerstraße),

3) Woltersdorfer Straße/Wittstockstraße,

4) eigener Vorschlag: ____________.

Beim Versand an die zu Befragenden ist dem Abstimmungszettel ein Anschreiben des Bürgermeisters mit einer Erläuterung zum Anlass und zum Hintergrund der Einwohnerbefragung, ein Rücksendeumschlag sowie ein Informationsblatt mit je einem Kurzplädoyer für die drei Standorte beizufügen (Die Kurzplädoyers werden von den Befürwortern des jeweiligen Standortes aus der Gemeindevertretung vor Beginn der Befragung verfasst. Sie haben jeweils maximal 2.500 Zeichen einschl. Leerzeichen.). Auf der Internetseite der Gemeinde sollen umfangreichere Informationen zu den zur Abstimmung stehenden Standorten bereitgestellt werden. Darauf ist im Anschreiben des Bürgermeisters hinzuweisen.

 

Ich persönlich freue mich, dass die neue Gemeindevertretung und auch die Bürgerinitiative bewiesen haben, dass eine sachliche Diskussion ohne persönliche Angriffe zu einem Ergebnis geführt haben, das für die Zukunft beispielgebend sein wird.

Jetzt liegt es an den Einwohnern und Gemeindevertretern mit der Gemeindeverwaltung diese Art der Diskussion weiterzuführen, um zu einem Ergebnis zu kommen. Es wird die Entscheidung der Mehrheit sein. Beteiligen Sie sich! Auch Ihre Meinung ist wichtig für die Zukunft unseres Ortes.

Peter A. Pohle
Peter A. Pohle ist Gemeindevertreter (FDP) und Vorsitzender des Ortsentwicklungsausschuss der Gemeindevertretung Schöneiche bei Berlin.

9 Gedanken zu „Heiße Diskussion endet mit Einwohnerbeteiligung

  1. Anke Winkmann

    Hallo Herr DR. Kalke,
    nein, es wird nicht erst seit 2017 über „das grundsätzliche Engagement, eine Weiterführende Schule nach Schöneiche zu holen“ gesprochen, sondern seit vielen vielen Jahren. Nämlich kurz nachdem unsere Weiterführende Schule in Schöneiche geschlossen wurde. Viele Projekte (Evangelische Schule, Montessori Schule) wurden von Elterninitiativen und Anderen in riesigem ehrenamtlichen Engagement entwickelt und standen kurz vor der Umsetzung, nur fanden sich dann immer keine Mehrheiten in der Gemeindevertretung und so wanderten die Konzepte in die Schublade. Und so kommt es, dass wir als einzige große Gemeinde im Landkreis immer noch keine Weiterführende Schule haben. Eigentlich schon aufgegeben, startete 2017 dann ein neuer Versuch Schule mit dem Standortbeschluss von 2019. Nun wurde abermals ein mehrheitlicher Beschluss „auf Anfang gesetzt“, hoffen wir einfach für unsere Kinder, dass ein Standortkompromiss zügig eine Mehrheit findet und dann nicht wieder zerredet wird.

  2. S. Sperl

    Auch wenn es richtig ist, die Einwohner in eine solche Thematik einzubeziehen, so hoffe ich doch, das die Gemeindevertreter jetzt nicht in den Fluss fallen, endlos lange „Grundsatzdiskussionen“ und wiederholte Einwohnerfragestunden zu immer den selben Fragen zu führen. Ich hoffe auf eine möglichst zügige Fortsetzung des Themas, damit es auch möglichst bald zu eine Umsetzung des Punktes „Weiterführende Schule in Schöneiche“ kommt.
    Ich bitte dies in den folgenden Diskussionsrunden zu beachten.

    Danke sagt die Mutter eines Schöneichers Grundschülers mit Hoffnung auf eine höhere Schule in Schöneiche.

    • Dr. Kalke

      Hallo Frau Sperl,
      leider sind weder die Bürger bei der „Standortentscheidung“ w i r k l i c h mitgenommen, noch eine tatsächlich fachlich fundierte Abwägung durchgeführt worden. Da ist der „nachträgliche“ Protest der Anlieger nur zu verständlich. Jetzt besteht gerade noch die Möglichkeit, das durch nachträgliche Einwohnerbeteiligung halbwegs zu korrigieren. Denn es geht um einen perspektivisch entwicklungsfähigen Schulstandort auch für Ihren Sohn, der in 25 Jahren seinen Kindern seine ehemalige Schule zeigen und empfehlen will. Da sollte ein halbes Jahr länger Nachdenken nicht schaden.
      Danke sagt ein Großvater mindestens zweier werdender Grundschüler, die sicher mal ein ein Abi in Schöneiche anstreben…. 😉
      mit optimistischen Grüßen aus der Brandenburgischen Straße

      • S. Sperl

        Hallo Herr Kalke,

        ich hatte ja geschrieben, dass ich es richtig finde, dass die betreffenden Anwohner sowie Eltern in eine solche Diskussion einbezogen werden. Von daher sag ich ja gar nix gegen dieses Vorhaben. Eine derartige Entscheidung verlangt nun mal die Berücksichtigung und Abwägung vieler verschiedener Faktoren – das ist mir klar.
        Aber es verlangt nun mal auch nach einem Kompromiss – nicht jeder wird hundertprozentig zufrieden sein, egal welches Ergebnis kommt.

        Ich hatte nur zu bedenken gegeben, dass die gesamte Diskussion von allen Seiten auch zielführend gehalten werden sollte. Sonst diskutieren wir noch in einem Jahr, welche Wiese oder welches Feld wie geeignet oder auch nicht ist.
        Letztendlich wollen, denke ich, die meisten das gleiche Ziel: eine weiterführende Schule in Schöneiche. Und das sollten einfach alle Beteiligten im Hinterkopf behalten – und sich, wenn möglich, nicht gegenseitig zerfleischen (um es mal drastisch auszudrücken – bitte nicht wörtlich nehmen).

        LG

    • Anke Winkmann

      Leider ist es aber genau so, wie Sie es befürchten: es wird weitere Monate debattiert (nachdem wir seit 2017 darüber in öffentlichen Sitzungen diskutieren), Ängste geschürt, Flugblätter ohne Namen von Anwohnerinitiativen gegen den mehrheitlich präferieren Schulstandort verteilt, die sich nun wahrscheinlich an allen Standorten bilden werden. Wer will schon eine Schule in seiner Nähe mit Kinderlärm? Die sollen mal schön an den Ortsrand. Ist Schöneiche wirklich eine Kinder- und familienfreundlich Gemeinde? Wie beim Vorhaben „Erweiterung Sportplatz Berliner Straße Nord“, vergeht kostbare Zeit, die Leidtragenden sind unsere Kinder.

      • S. Sperl

        Sehr geehrte Frau Winkmann,

        ich habe nicht den gesamten Verlauf der vorherigen Standortfindung mitverfolgt, bin auch kein Anwohner, von daher weiß ich nicht, inwiefern diese mit einbezogen wurden – oder auch nicht (wie Herr Kalke anmerkte), oder ob es einfach nicht ernst genug genommen wurde. Von daher kann ich mir darüber kein Urteil erlauben.
        Ich habe nur mitbekommen, dass es ein längeres Hin und Her war (wie ihre Datierung „seit 2017“ belegt) und dass es tatsächlich am Ende eine Kompromissentscheidung war. Auch mit dem Hintergedanken „Wenn jetzt keine Einigung fällt, haben wir gar keine Chance auf die Schule“.

        Ich finde dennoch, dass das jetzige Vorhaben der Bürgerbefragung (Anwohner und potenzielle Schul-Eltern) ein guter Weg ist. Damit bekommen diejenigen Gehör, die es betrifft.

        Das übertriebene Panik-machen von diversen Seiten (seien es Bürgerinitiativen oder Politiker) finde ich total daneben. Es sollte eine sachliche Betrachtung des Für und Wider erfolgen – auch von den Anwohnern (wobei ich da verstehe, dass diese durchaus subjektiv beurteilen). Und am Ende sollte die größte Schnittmenge herausgefunden werden.
        Einzelne Schreihälse sollten genauso sachlich in der Schnittmenge untergebracht werden 😉 Denn nur weil einer dreimal so laut ist wie der andere, hat dieser nicht dreimal so viel Stimmrecht.

        Aber auch Bürgermeinung, die nicht mit der der Politik korreliert, sollte gleichberechtigt berücksichtigt werden. Das gleiche „erwarte“ ich von den Bürger.

        Am Ende hoffe ich darauf, dass vlt mein Sohn doch bereits auf eine Schöneicher Oberschule gehen kann.

      • Dr. Kalke

        Hallo verehrte Frau Sperl,
        das haben Sie wirklich gut ge- und beschrieben. Und Folgendes möchte ich Ihnen auch versichern: Meines Wissens wollen a l l e Akteure der GV die weiterführende Schule! Viele von denen haben sich im Vorfeld des Beschlusses des Kreistags in beachtlicher Weise engagiert. Das ist wirklich anerkennenswert und der Erfolg sollte nicht auf Spiel gesetzt werden. Aber genau hier liegt ein „faules Ei“ (bitte auch nicht wörtlich nehmen…) Denn die Standortentscheidung (die ja erstmal „Präferenz“ hieß, sollte nach dem Willen des BM und anderer Kräfte durch einen Auftrag an den BM praktisch als gesetzt und endgültig entschieden hingenommen werden. Kritiker des Standortes wurden prompt zu „Gefährdern“ der weiterführenden Schule… Dieses Prinzip hat in Schöneiche leider des Öfteren funktioniert.
        Ich denke anders: Genau die, die nicht sicherstellen, dass ein weitestgehender fachlicher und „emotionaler“ Konsens der Lauten und der Leisen, der Anwohner und der Bewohner, der Fachleute und der fachlich Interessierten hergestellt wird sind die, die die langfristig funktionierende Schule und ihre Nebenfunktionen (Sportplatz, Freizeiteinrichtung… und was man sich sonst noch in der Nachbarschaft einer solchen Schule vorstellen kann) aufs Spiel setzen. Da darf es auch nicht auf 2 Monate längere Diskussion /Abwägung ankommen …

        Sie haben vollkommen recht in Ihrer Erwartung, dass Entscheidungen zu treffen sind und das durch die gewählten Vertreter. Die werden aber leider gelegentlich in weitreichenden Fragen vor fast vollendete Tatsachen gestellt. Übrigens: Seit 2017 hat man noch nicht über den Standort gesprochen, wie Frau Winkmann suggeriert, lediglich um das grundsätzliche Engagement, eine weiterführende Schule nach SE zu holen.

        Mit dem jetzigen Beschluss, die Betroffenen in einem transparenten Verfahren mit ins Boot zu holen, steigen die Chancen auf ein Verfahren, das den Begriff der Abwägung verdient. Und auch das nicht neu in SE, bei der langfristigen Planung der Brandenburgischen Straße hat das (zumindest phasenweise) sehr erfolgreich funktioniert. Beteiligte: Gemeindeverwaltung, Planungsbüro, halbwegs sachkundige Anlieger und gelegentlich hinzugezogene Experten des Straßenbaus.
        War letztendlich eine Erfolgsgeschichte
        Ihr Nachbar aus der Brandenburgischen Straße

    • Stefan Brandes

      Liebe Frau Sperl,

      genau aus dieser Befürchtung hatte ich den Bürgermeister vor der Abstimmung gefragt, ob uns die Befragung im Zeitplan zurückwirft. Er meinte, das sei nicht der Fall, weil wir damit in 2-3 Monaten durch sind und in dieser Zeit sowieso keine Entscheidung vom Landkreis getroffen würde. Deshalb habe ich dafür gestimmt – Bürgerbeteiligung ist ja prinzipiell positiv.

  3. Dr. Kalke

    Hallo Herr Pohle,
    vielen Dank für die sachliche Zusammenfassung zu dem Abend und vor allem für den Auszug aus unserer klugen Einwohnerbeteiligungssatzung! Drei dürre Sätze, die es in sich haben und Wert sind, vielleicht nachträglich in unserem Rathaus gut sichtbar installiert zu werden (?).

    Gut, dass es am 19.09. gerade noch gelungen ist, in der Standortentscheidung gemeinsm die Notbremse zu ziehen. Mit der Entscheidung kann sich eine zweite, hoffentlich echte Chance einer breit getragenen Diskussion, Abwägung und Entscheidung entwickeln.
    Ich bin gespannt auf die Argumente an sich und die Entwicklung der Diskussionskultur.
    Ihr Nachbar aus der Brandenburgischen Straße

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