Als Beitrag der USA zur Internationalen Bauausstellung wurde 1956/1957 im Berliner Tiergarten ein futuristisches Gebäude errichtet und als Geschenk an Berlin übergeben. Der Architekt Hugh Stubbins hatte eine Bogenkonstruktion entworfen, die in Berlin bald „Schwangere Auster“ hieß. Das Gebäude wurde seinerzeit auch als „Leuchtturm der Freiheit“ bezeichnet und sollte die Werte des Westens nach Osten hin ausstrahlen. Dies bewahrte es allerdings nicht vor einem teilweisen Einsturz.
Als ein solcher „Leuchtturm“ soll wohl auch ein zwar kleines, aber doch stilgleiches Gebäude in Schöneiche wirken. Eingeweihte ahnen es: das Wartehäuschen auf der Dorfaue!
Um einen folgenschweren Einsturz nach großem Vorbild zu vermeiden, hat der Architekt hier allerdings nicht mit Material gespart. Manchen Tsunami kann dieses Bauwerk sicherlich überstehen. Dafür war der Preis entsprechend: fast das 10-fache dessen, was unsere Straßenbahn für eine Wartehalle ausgibt, wenn sie diese denn nicht sogar kostenlos als Werbeträger gestellt bekommt!
Mit der Zweckmäßigkeit diese Auster aber hapert es gewaltig. Eine Wartehalle ohne rechten Witterungsschutz, Fahrräder drängeln sich drum herum in der vergeblichen Hoffnung , vor Regen geschützt zu werden (ist sie doch zweckvollerweise offen nach Westen) und sie steht desorientiert zwischen zwei Haltestellen, ohne einer richtig zu dienen. Allerdings schmückt sie ein hübsches Gründach, wenigstens eine Leuchtturmfunktion, allerdings eine teure. Träume von der großen Welt können halt teuer werden für kleine Dörfer, aber der Bürgermeister hat eben auch lange geträumt (s. Schöneiche Konkret, Jan. 2010, S. 16).
Dafür musste ein hübsches altes Wartehäuschen weichen, zwar war es renovierungsbedürftig, aber doch dem Ortsbild angepasst. Das Verfahren zeigt es deutlich: für die Erhaltung und sinnvolle Nutzung stilvoller alter Bausubstanz fehlt den Schöneicher Verantwortlichen jedes Verständnis – siehe Rathaus. In manchen märkischen Dörfern dagegen hat man schon vor langem begonnen, die alten Wartehäuschen unter Beteiligung der örtlichen Kinder und Schüler wunderschön mit Landschaftsbildern aus der Umgebung an- und auszumalen; der Nebeneffekt besteht auch darin, dass sich daran kein Schmierfink vergreift. Und Kosten hat das auch nicht verursacht.
Ob unsere Auster wohl wie ihr Vorbild zukünftig eine Rolle in Science-Fiction-Filmen spielen wird? Da wäre sie besser aufgehoben als in einem märkischen Dorf vor seinem historischen Dorfkern.
Vielleicht kann sie ja damit dazu beitragen die Steuererhöhungen, die auch dieser Luxus erfordert hat, wieder zurückzufahren.
Lothar Eisner/ Klaus M. Scheibe / BürgerBündnisSchöneiche (BBS)
