Unser Grundgesetz – das achtmonatige Ringen um die Geschäftsordnung der Gemeindevertretung

oder warum die Neujahrsansprache des Bürgermeisters so ausgefallen ist wie sie ausgefallen ist

Auch ein Bericht aus der Sitzung der Gemeindevertretung am 19.02.15

Verabschiedung unserer Geschäftsordnung (GO) nach acht Monaten harten Ringens mit dem Bürgermeister (BM).

Ende Gut alles gut!?

Hier trifft das ausnahmsweise auch in Schöneiche einmal zu – aber auch nur weil sich die Gemeindevertretung (GV) ihre eigene Arbeitsgrundlage nicht durch den Bürgermeister vorschreiben lassen wollte – und zwar alle Fraktionen nicht!

Bereits in der konstituierenden Sitzung am 20.06.14 hatte der BM eine Beschlussvorlage (BV) vorgelegt nach der wir eine neue GO für die GV bräuchten und unsere alte aus der Praxis der letzten fast sechs Jahre bewährte GO zum 31.12.14 auslaufen sollte. Die GV folgte zwar dieser BV aber mit der dezidierten Maßgabe, dass der Bürgermeister die Fraktionen vor der Vorlage einer neuen GO einladen und an deren Erarbeitung beteiligen solle. Dies wurde natürlich in der Niederschrift wie üblich – weil missliebig – unterschlagen.

Leider erfolgte gegen den Beschluss der GV auch keinerlei Beteiligung der Fraktionen und der BM legte im Herbst vergangenen Jahres unabgestimmt eine völlig neue GO vor. Beeindruckend war, was damit alles klammheimlich wegfallen sollte, welche Rechte der Bürger und vor allem der GV plötzlich nicht mehr geregelt werden sollten. Dies konnte jedoch nur auffallen, wenn sich jemand die Mühe machte die alte und die neu vorgeschlagene GO Satz für Satz und § für § zu vergleichen (was aufgrund vollkommener Umstellungen und Neustrukturierungen kaum möglich war).

Der BM spekulierte offenkundig darauf, dass sich niemand dieser nicht gerade vergnügungssteuerpflichtigen Tätigkeit freiwillig unterziehen würde. Aber Philip Zeschmann, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Bürger Schöneiche, roch den Braten, schlug Alarm und informierte die anderen Fraktionen frühzeitig. Daraufhin wurde zwischen allen Fraktionen vereinbart, auf der Basis der geltenden und durchaus in der Praxis bewährten GO der letzten Jahre eine eigene weiterentwickelte GO zu erarbeiten und alternativ zum Entwurf des BM vorzulegen. Demzufolge würde die BV des BM zur GO im Herbst letzten Jahres das erste Mal vertagt.

Nach zwei Arbeitstreffen der Fraktionsvorsitzenden bzw. der für dieses Thema von ihnen entsandten Experten lag dann im Oktober eine gute und behutsame Weitereinwicklung der bestehenden GO vor und wurde vorsichtshalber der Kommunalaufsicht des Kreises zur rechtlichen Prüfung übersandt. Bei der Einbringung dieses Vorschlag als Änderungsantrag zum Vorschlag des BM kam es dann zu Wutausbrüchen des sich übergangen fühlenden BM (was er vorher mit allen Fraktionen gemacht hatte) und er versuchte, die „drohende Verabschiedung“ mit einem seiner Standardargumente zu verhindern, dass er diesen Entwurf als BM ja gar nicht hätte rechtlich prüfen und damit die Sitzung vorbereiten können. Langmütig, wie wir in der GV mit unserem BM sind, haben wir darauf die Verabschiedung erneut zurück gestellt, um dem BM Zeit zu geben unseren Entwurf „zu prüfen“.

Doch was passierte wirklich? Zur Nächsten Sitzung der GV im Dezember – dem letzten möglichen Verabschiedungstermin einer neuen GO – legte der BM erneut seinen Vorschlag für eine GO – lediglich eine um einige zuvor von ihm gestrichene Passagen aus der bisherigen GO ergänzt – vor. Unter den Fraktionen brach sich der Unmut Bahn und es wurde heftig diskutiert, ob aufgrund dieses unkooperativen Verhaltens des BM die GO mit der Mehrheit alle Fraktionen nunmehr einfach beschlossen werden sollte. Am Ende bewiesen alle Fraktionen erneut erstaunlichen Langmut und stimmten einer Verlängerung der Frist des Auslaufens der alten GO auf den 31.03.15 zu, um den Vorschlag der Fraktionen noch einmal mit dem BM beraten zu können. Allerdings nur nachdem dieser öffentlich auf Nachfrage in der GV erklärte auch er werde nun auf Basis des gemeinsamen Entwurfs der Fraktionen weiter arbeiten. Also eine Good-Will-Aktion für den BM und ein ganz besonderes Zeichen der Kooperationsbereitschaft trotz der traurigen/provokanter Vorgeschichte.

Im Nachgang ließ sich der BM dann endlich darauf ein erstmals auf der Basis des gemeinsamen Entwurfs der Fraktionen weiter zu arbeiten und zu verhandeln und unterbreitete eine schier endlose Liste von Anmerkungen, Hinweisen und Änderungswünschen zu diesem Entwurf. Die Fraktionen fanden sich trotz allem bereit, diese mit ihm durchzusprechen, aber ein gemeinsamer Termin konnte im Januar nicht gefunden werden. Nach langem Hin und Her verständigten wir uns dann auf Vorschlag von Philip Zeschmann, Fraktionsvorsitzender der Unabhängigen Bürger Schöneiche, darauf dem BM im Nachgang der Hauptausschusssitzung am 10.2.15 Gehör zu schenken. Gesagt getan. In mehrstündiger Arbeit wurde jeder Satz durchgegangen und Kompromisse gefunden, so dass nun endlich eine GO heraus kam die alle mittragen konnten.

Allerdings bleibt ein Wermutstropfen: Zwei weiterhin strittige Punkte in der GO zwischen den Fraktionen auf der einen Seite und dem BM auf der anderen Seite wurden ausgeklammert, da ansonsten keine Einigung möglich gewesen wäre und der Beschluss der Go sofort zu einer Beanstandung des BM und damit einer Ungültigkeit geführt hätte. Dies damit wir arbeitsfähig bleiben und überhaupt eine GO haben. Die strittigen Punkte werden nun von den Fraktionen in den nächsten Monaten als erneute jedoch einzelne Änderungsanträge in die GV eingebracht, vom BM wie bereits angekündigt natürlich beanstandet und wandern dann zu Klärung zur Kommunalaufsicht oder auch vor das Verwaltungsgericht.

Aber vor dem Hintergrund dieser Geschichte soll noch einmal einer sagen, die Gemeindevertreter seien untereinander zerstritten und von Hass getrieben! Mehr Langmut, Kooperationsbereitschaft und sachorientierte Kleinarbeit kann wohl kaum jemand aufbringen – und das bei dem geschilderten – leider üblichen Verhalten des BM!

Es ist also in unserer GV durchaus Alltag, einen breiten Konsens und eine konstruktive, sachliche Arbeit abzuliefern – diese geschieht bei geschätzt 90 % der Themen. Das zeigt nur zu deutlich, dass die vom Bürgermeister in seiner „Neujahrsansprache“ vorgebrachten schweren Anschuldigungen und Vorwürfe unzutreffend sind. Eher umgekehrt wird ein Schuh daraus.

Ihre Unabhängigen Bürger Schöneiche

 

Philip Zeschmann
Dr. Philip Zeschmann ist Gemeindevertreter und Vorsitzender der Unabhängigen Bürger Schöneiche e.V.. Außerdem ist er Vorsitzender der Fraktion BVB/Freie Wähler im Kreistag Oder-Spree.