Mehrheit verweigert einfachere Einwohneranträge

Erneut hat die Mehrheit der Gemeindevertretung die Vereinfachung von Einwohneranträgen abgelehnt.

Die Linksfraktion hatte gefordert, die Zahl der erforderlichen Unterschriften von derzeit 3 Prozent auf 1,5 Prozent der Einwohnerschaft abzusenken. Das entspräche in etwa einer Reduzierung von 300 auf 150 Unterschriften. Diese sind nötig, damit Einwohnerinnen und Einwohner (ab 16 Jahren) Anträge an die Gemeindevertretung stellen können. Dort muss über das Anliegen beraten und abgestimmt werden.

Der Antrag der LINKEN war bereits im Jahr 2015 knapp gescheitert, obwohl es zuvor ein positives Votum im Hauptausschuss gegeben hatte. Geschlossen gegen die Vereinfachung von Einwohneranträgen stimmten CDU, SPD, FDP, Grüne und Feuerwehr. Nein-Stimmen kamen außerdem aus den Reihen von Neuem Forum und Bürgerbündnis sowie von Bürgermeister Jüttner (parteilos).

Damit setzt sich die bereits bekannte Ignoranz der Gemeindeverwaltung und der Mehrheit der Gemeindevertretung gegenüber jeglichen Ideen zur Erleichterung und Fortentwicklung der Einwohnerbeteiligung fort. Entgegen allen Lippenbekenntnissen, die Parteien wie SPD, FDP und Grüne auf Landes- und Bundesebene oder lokale Gruppen wie das Bürgerbündnis vor der Kommunalwahl 2014 von sich gegeben haben.

Interessant ist zudem das Abstimmungsverhalten einiger Gemeindevertreter, die dem gleichlautenden Vorschlag im September 2015 noch zugestimmt, den Antrag der LINKEN im April 2016 jedoch abgelehnt haben. Hätten Stefan Brandes (B’90/Grüne), Henry Kugelmann (Neues Forum) und Daniel Krappmann (BBS), die in der ersten Abstimmung für den Antrag stimmten bzw. abwesend waren und sich im Wahlkampf „Bürgerbeteiligung“ auf die Fahnen geschrieben hatten, am 27.04.2016 zugestimmt, wäre die Senkung der Unterschriftenzahl für Einwohneranträge beschlossen worden.

Die genauen Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen zur Erleichterung von Einwohneranträgen finden Sie auf unserer Webseite.

Die Linke
Die Linke hat in Schöneiche rund 60 Mitglieder und parteilose Unterstützerinnen und Unterstützer. In der Gemeindevertretung sind wir derzeit mit 17,5 Prozent der Stimmen bzw. einer Fraktion aus 4 Mitgliedern vertreten.

5 Gedanken zu „Mehrheit verweigert einfachere Einwohneranträge

  1. pkuellmer

    Eine Regelung über Prozente oder eine Anzahl ergibt kein Wirklichkeitsnahe Bemessungsgrundlage zur Qualität oder der Reichweite (Quantität) des Problems. Es sollte zum Miteinander gehören, dass Gemeindeverwaltung und Gemeindevertreter, sich auch individuellen Sachverhalten widmen. (Bsp.) Eine Straße mit 150 älteren Einwohner/innen wünschen sich eine Ruhebank. Der Gegensatz dazu wäre ein Ortsbereich mit 300 Anwohner/innen wäre von dem Lärm tobender Kinder auf einem Bolzplatz gestresst. Der eine Antrag wird bearbeitet und der andere eben nicht.

    • Thomas Fischer

      Nein, so einfach ist das gerade nicht. Beim Antrag der LINKEN geht es um die förmliche Einwohnerbeteiligung gemäß der Schöneicher Hauptsatzung. Natürlich können sich die Bürger auch mit Fragen an die Gemeindevertretung oder an einzelne Gemeindevertreter, mit Petitionen oder gar Bürgerbegehren an die Verwaltung und Gemeindevertretung wenden. Oftmals sind diese Initiativen gerade in Einzelfällen durchaus schlagkräftiger, als wenn sie förmlich eingebracht werden, als gerade aktuelles Beispiel sei der „Roloff-See“ genannt (Ausbau einer Sandstraße, die bei Starkregenfällen zu Überschwemmungen bei Anliegern führt). Da haben ca. 30 Anwohner sehr engagierte Debatten mit den Gemeindevertretern geführt (um das mal höflich auszudrücken).
      Aber zurück zum Thema, man kann auch durch sehr viel Aktionismus vortäuschen, immer und überall den Bürger vertreten zu wollen und die einzig „wahren“ Interessenvertreter der Bürger zu sein. So ist das üblicherweise bei den LINKEN in Schöneiche und natürlich bei dem einzig wahren Motor der Kommunalpolitik! (Eingeweihte werden wissen, wer da gemeint ist).

    • Fritz R. Viertel

      Liebe/r pkuellmer,

      natürlich haben alle Einwohnerinnen jederzeit die Möglichkeit, sich mit ihren Anliegen an einzelne Gemeindevertreter oder an die Fraktionen zu wenden. Ob es dazu dann einen Antrag gibt, der im ordentlichen Verfahren beraten und abgestimmt wird, liegt dann allerdings in deren Händen. Ein Anliegen, dass die jeweilige Fraktion nicht unterstützt, wird auf diesem Wege nicht in die Gemeindevertretung kommen. Es gibt an dieser Stelle also eine Art politischen Filter.

      Der Gesetzgeber sieht deshalb die Möglichkeit vor, dass Einwohnerinnen (ab 16 Jahren) selbst und direkt Anträge an die Gemeindevertretung stellen können. Diese Einwohneranträge müssen allerdings von einer bestimmten Anzahl von antragsberechtigten Einwohnern unterschrieben werden (Quorum). In der Kommunalverfassung steht, dass grundsätzlich 5 Prozent der Antragsberechtigten (in Schöneiche ca. 500 Personen) unterschreiben müssen. Die Gemeindevertretung kann jedoch eine niedrigere Zahl festlegen (in Schöneiche derzeit 3 Prozent bzw. rund 300 Personen).

      Für die von uns vorgeschlagene weitere Senkung dieses Quorums gibt es u.a. ein theoretisches und ein praktisches Argument: 1) ist der Einwohnerantrag ein sehr niedrigschwelliges Beteiligungsinstrument. Die Gemeindevertretung muss zwar beraten und abstimmen, im Falle einer Ablehnung gibt es allerdings keine unmittelbaren Konsequenzen. Aus unserer Sicht ist der Aufwand, mindestens 300 Unterschriften zu sammeln, im Verhältnis dazu zu hoch. 2) haben mehr 46 Prozent der Wahlberechtigten bei der Kommunalwahl 2014 ihre Stimme nicht abgegeben. Würde man das auf die Sitzverteilung umrechnen, wären die Nichtwählerinnen mit 10 von 22 Sitzen mit Abstand die größte Fraktion in der Gemeindevertretung (zum Vergleich: DIE LINKE und CDU/BBS/FDP haben derzeit jeweils 5 Sitze). Es gibt also ein veritables Legitimationsdefizit. Die Erleichterung der Möglichkeit für die Einwohner, selbst Anträge zu stellen, kann aus unserer Sicht eine kleine Ergänzung der Legitimation von kommunalpolitischen Entscheidungen in Schöneiche sein.

      Bei der Diskussion darum prallen – ähnlich wie bei der Auseinandersetzung um die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene – unterschiedliche Weltsichten aufeinander. Einerseits diejenigen, die sich darauf zurückziehen, als Abgeordnete/Gemeindevertreterinnen gewählt und deshalb allein entscheidungsberechtigt zu sein. Andererseits diejenigen, welche das vorhandene Modell der repräsentativen Demokratie um starke Möglichkeiten der direkten Beteiligung ergänzen wollen. Der Anspruch ist eine emanzipatorische Ermächtigung der Menschen zur Teilhabe an politischen Entscheidungen. Die politischen Differenzen darum bilden sich auch in der Gemeindevertretung ab.

  2. Thomas Fischer

    Wie oft hat es eigentlich in den letzten Jahren eine Einwohnerbeteiligung per Einwohnerantrag gegeben? Oder wie oft ist ein solcher Einwohnerantrag dann gescheitert, weil er das erforderliche Quorum nicht erreicht hat? Nach meiner Kenntnis hat es solche Ereignisse nicht gegeben. Wenn Einwohnern eine Sache wirklich wichtig ist, dann bekommen sie auch die notwendige Anzahl von Stimmen für den Einwohnerantrag zusammen und überspringen damit leicht die notwendige Anzahl von 3 % der erforderlichen Stimmen!
    Ich meine, daß dieses Mindestmaß an notwendigen Stimmen für einen Einwohnerantrag einerseits die Ernsthaftigkeit des Anliegens der Bürger sinnvoll unterstreicht und andererseits die Gemeindevertretung und Gemeindeverwaltung von Partikularinteressen kleinster Minderheiten entlastet, die sich dadurch gerade nicht auf das Gemeinwohl berufen können.

    In der Gemeindevertretung der letzten Wahlperiode von 2008 bis 2014 hat meine Fraktion auf meine Initiative die von der brandenburgischen Kommunalverfassung eröffnete Möglichkeit genutzt und genau diese 3-% Regelung als guten Kompromiss zwischen erleichterten Einwohnerinitiativen und als zu hoch empfundenen „bürokratischen Hürden“ festschreiben können.

    Wenn nun die sog. LINKE diese vernünftige Regelung als „Verweigerung“ und „Ignoranz“ diffamiert, dann zeigt sie wieder einmal ihr wahres Gesicht als das, was sie wirklich antreibt: billiger Populismus!

    Thomas Fischer,
    Abgeordneter im Kreistag Oder-Spree
    ehemaliger Gemeindevertreter Schöneiche

  3. DER nachleser

    Also 300 Unterschriften (Unterstützer) für einen Ort wie Schöneiche halte ich für eine Größenordnung die durchaus angemessen ist.

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