Anti-Lidl-Bebauungsplan an der Dorfstraße muss in die zweite Verlängerungsrunde – sogar mit einer Sondersitzung der Gemeindevertretung

Aus dem ursprünglichen bürgerfeindlichen Unsinn wird damit nun endgültig eine peinliche und vor allem teure Posse

Im vergangenen Winter kam die Gemeindeverwaltung plötzlich auf die Idee, für den Bereich der Dorfstraße zwischen Straßenbahndepot und Kreisel einen Bebauungsplan aufstellen zu wollen. Mehr als 22 Jahre lang wurde dafür keinerlei Notwendigkeit gesehen.

Was war geschehen? Nach über zehnjähriger Suche nach einem neuen Standort und Verhandlungen mit dem Bürgermeister hatte die Firma Lidl sich das Vorkaufsrecht auf Grundstücke entlang der Dorfstraße – zugleich auch verkehrsreiche Landesstraße – erworben, um dort einen den heutigen Anforderungen genügenden neuen Markt zu bauen und zu betreiben. Damit hätte die Nahversorgung im Westen von Schöneiche aufrechterhalten werden können, nachdem der alte Lidl-Markt in der Friedrich-Ebert-Straße im Februar geschlossen werden musste. Derzeit sterben die verbliebenen Reste den dortigen „Nebenzentrums“ langsam weg, zuerst der Spezialitätenmarkt, dann der Getränkemarkt, weitere Schließungen werden folgen.

Schon vor der Entscheidung der Gemeindevertretung über das, was in dem Bereich Dorfstraße zukünftig zulässig und im zukünftigen Bebauungsplan zu verankern sein sollte, wurde heftig gestritten. Die Bandbreite ging dabei vom vollkommenen Erhalt des (jedoch nicht unter Denkmalschutz stehenden) historischen Charakters dieses südlichen Teils des ehemaligen Gutsdorfes bis hin zu einer schrittweisen Neugestaltung und damit Eröffnung von Entwicklungsoptionen für dieses baurechtliche Mischgebiet. Mit zwei der vorliegenden Varianten hätte auch so genannter großflächiger Einzelhandel, sprich: ein neuer Lidl, gebaut werden können.

Jedoch führte der Bürgermeister damals rund 2 Stunden vor der entscheidenden Sitzung per E-Mail völlig überraschend eine angebliche Alternative ins Feld: Durch den Abriss eines Hauses in der Friedrich-Ebert-Straße/Ecke Friedrichshagener Straße hätte Lidl einen neuen Markt am alten Standort bauen können. Damit wurde der Eindruck erweckt, als ob das dortige Nebenzentrum doch erhalten und damit die Nahversorgung der Bevölkerung im Westen Schöneiches weiterhin sichergestellt werden könnte. Damit, so der Bürgermeister, wäre der Neubau eines großflächigen Einzelhandels an der Dorfstraße überflüssig. Die Gemeindevertreter folgten dieser Argumentation leider mehrheitlich.

Zielsetzung des neuen Bebauungsplans war es offiziell, das „städtebauliche Ensemble“ des ehemaligen Gutsdorfes – südlicher Teil zu erhalten. Dazu gehört insbesondere der Erhalt der historischen Häuser und der entsprechenden Straßenflucht vor allem westlich der Dorfstraße.
Dumm nur, dass der Planer nach der Erarbeitung des Bebauungsplans eingestehen musste, dass eben genau diese Zielsetzung mit dem neuen Planungsrecht nicht eingehalten und umgesetzt werden kann. Grund sind lärmschutzrechtliche Bestimmungen, die an dieser sehr stark befahrenen Straße berücksichtigt werden müssen.

Spätestens an diesem Punkt hätte die Einstellung des Verfahrens zur Aufstellung eines neuen Planungsrechts erfolgen müssen – denn die vorgebliche ursprüngliche Zielsetzung konnte ja nicht erfüllt werden. Doch der Bürgermeister kämpfte weiter für den Bebauungsplan, trotz der zusätzlich erforderlichen 24.000 Euro für dessen Aufstellung. Damit hat er natürlich endgültig seine wahren Intensionen verraten. Leider folgte ihm eine Mehrheit der Gemeindevertreter und beschloss diesen überflüssigen und zudem teuren Unsinn.

Aber wie heißt es so schön im Leben: Man sieht sich immer zwei Mal.
Jetzt, nach der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs, liegen derart viele Einsprüche und Änderungswünsche von anderen Behörden vor, dass die so genannte Abwägung so umfangreich werden wird, dass der Bürgermeister eine Sondersitzung der Gemeindevertretung hat anberaumen lassen.

Übersetzt heißt das: Der Planentwurf ist an so vielen Stellen rechtswidrig, dass erneut vielfältige Detailzielsetzungen nicht realisierbar sind. Und obwohl hier offenbar viele Fehler von vielen Beteiligten gemacht wurden, wird erneut nicht etwa von diesem unsinnigen und bürgerfeindlichen Unterfangen abgelassen. Erneut will der Bürgermeister mit dem Kopf durch die Wand und sein Ziel, Lidl an der Dorfaue zu verhindern, mit nunmehr zwei blauen Augen erreichen.

Ganz nebenbei kostet die nötige erneute öffentliche Auslegung und Beteiligung der „Träger öffentlicher Belange“ nochmals zusätzlich 2000 Euro – laut Vorlage der Verwaltung. In Wirklichkeit wird es wohl wieder viel mehr. Der Planer freut sich und die Bürger im Westen Schöneiches ohne Nahversorgung bleiben dauerhaft im Regen stehen. Lassen wir gemeinsam so einen Unsinn nicht mehr zu!

Ihre Unabhängigen Bürger Schöneiche

Philip Zeschmann
Dr. Philip Zeschmann ist Gemeindevertreter und Vorsitzender der Unabhängigen Bürger Schöneiche e.V.. Außerdem ist er Vorsitzender der Fraktion BVB/Freie Wähler im Kreistag Oder-Spree.