„Es sind Maulhelden und Feiglinge“

Nicht nur Ramelow: Sie werden bedroht, weil sie Politik für Flüchtlinge machen

Wer sich in Deutschland für Flüchtlinge einsetzt, lebt gefährlich. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow ist nur einer von vielen, die aufgrund ihres asylpolitischen Engagements Drohungen aus der rechten Szene erhalten haben.
Asylpolitik ist ein Reizthema in Deutschland. Mit dem Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft in Tröglitz hat der Unmut gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland einen traurigen Höhepunkt erreicht. Viele Politiker, die sich für Flüchtlinge einsetzen, haben in jüngster Zeit anonyme Drohungen erhalten. FOCUS Online gibt einen Überblick über einen beunruhigenden Trend in Deutschland.

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow ist der bisher prominenteste Adressat der Drohungen. In den vergangenen Wochen seien drei Morddrohungen in Zusammenhang mit der Asyldebatte gegen ihn eingegangen, berichtete der Linken-Politiker. Sie hätten ihn per Brief, E-Mail sowie über Facebook erreicht. Es bleibt schwierig, die Ernsthaftigkeit der Drohungen einzuschätzen. „Ich lasse mich nicht beeindrucken“, sagte Ramelow am Montag in Erfurt, „ich will es aber auch nicht einfach runterschlucken“. Die Sicherheitsvorkehrungen seien verstärkt worden. Ein Drohbrief an die Staatskanzlei habe ein weißes Pulver erhalten, das sich bei der kriminaltechnischen Untersuchung aber als Mehl herausgestellt habe.
„Wir werden diesen Leuten nicht das Feld überlassen“

In Mecklenburg-Vorpommern wird  die Güstrower Stadtvertreterin Karen Larisch bereits seit Monaten massiv von Rechtsextremisten bedroht. Sie bekommt beinahe regelmäßig Hass-Mails und eindeutige Aufkleber. „Seit Dezember erhalte ich auch Morddrohungen per E-Mail oder in sozialen Netzwerken“, sagte die Linken-Politikerin am Montag. Trotzdem muss die auch in der Flüchtlingshilfe engagierte Geschäftsführerin des Gemeindezentrums „Villa Kunterbündnis“ Polizeischutz in Anspruch nehmen.

„Wir haben sie im Auge“,  betonte der Sprecher der Polizeiinspektion Güstrow, Gerd Frahm. „Wir werden diesen Leuten nicht das Feld überlassen.“ In Güstrow hat sich jüngst aus dem rechtsextremen Spektrum eine Bürgerwehr gebildet.

Auch in Brandenburg haben Mitglieder der Landesregierung und Landtagsabgeordnete laut Innenministerium immer wieder mit anonymen Drohungen zu tun. Die Schreiben seien aber meist wirren Inhalts, sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker am Montag auf Anfrage.

Morddrohungen seien derzeit nicht bekannt. Jede Bedrohung werde aber ernst genommen und eine konkrete Gefährdung der betroffenen Person genau abgeklärt. „Es sind meist Maulhelden und Feiglinge, die sich unter dem Deckmantel der Anonymität äußern“, sagte Decker.
In Schöneiche erhielt der Bürgermeister bereits 2008 Drohungen

Ebenfalls in Brandenburg hatte kürzlich der parteilose Bürgermeister von Lübbenau, Helmut Wenzel Drohschreiben erhalten, weil im Ortsteil Kittlitz eine Asylbewerberunterkunft entstehen soll. Anzeige wurde erstattet, die Ermittlungen laufen. Eine konkrete Gefährdung der Familie des Bürgermeisters wurde aus polizeilicher Sicht nicht festgestellt. Der Wohnsitz der Familie wird nach Angaben des Innenministeriums von Polizeistreifen beobachtet.

Der hauptamtliche Bürgermeister von Schöneiche (Oder-Spree) , Heinrich Jüttner (parteilos) hatte bereits 2008 Morddrohungen von Rechtsextremen erhalten. Rechte hatten ihn angefeindet, weil er Attacken auf jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion nicht zulassen wollte. weiterlesen auf  Focus Online

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Redaktion Schöneiche Online