Es herbstet so goldig

(Glosse/Wildschwein)

Berlin bei Schöneiche…

…sollte ja einst eingemeindet werden, deshalb haben ja die Berliner Schöneicher Telefonnetz! Bevor das schiefging (die Eingemeindung) wohnte der zuständige Telefonmuftie im Ort. So vor reichlich 100 Jahren, bevor so Dörfer wie Mariendorf oder Zehlendorf usw. zusammengelegt wurden.

Und das war später praktisch in Zeiten der größten Republik aller Zeiten, wir konnten schon im Selbstwählverfahren beim Klassenfeind anrufen während alle anderen noch das Frollein vom Amt brauchten und vermittelt wurden wenn ein Hörohr frei war. Leider eingemeindeten sich dann vor´m Adolf nur Fichtenau, Klein Schönebeck, Grätzwalde zu Schöneiche und so – die Folge war die erste gestorbene Kneipe in Fichtenau, weil da mußte das Rathaus rein und im ehemaligen Saal schliefen dann die Vertreter. Die aber hellwach waren, wenn es darum ging jüdische Einwohner ihrer Wohnsitze zu entledigen. Und das waren mehr, als so mancher heute noch wahrhaben will…

Jetzt sind auch die vielen anderen Kneipen in Fichtenau wech und es hält sich auch kein Laden … vielleicht weil da viele alte weiße meckernde Männer wohnen? Irgendwodran muß es ja liegen!

Tja, was wohnte nicht so alles in Schöneiche! Von der kommunistischen Reichsparteischule bis zum katholischen Bischofsvorseminar! Hier wohnte der UNO-Botschafter der DDR und der Advokat für bestimmte Angelegenheiten von Erich dem Delikaten. Hier wohnte der Professor vom Hügel, der gelegentlich wider den Stachel löckte und den man bis zur Übersiedlung im Auge haben mußte. Und andere, über die man bei der Dorfbesichtigungsrundfahrt mit kundiger Führung im Halteverbot informiert werden kann. Später siedelten dann die aufmerksamen Augen direkt daselbst in der Hügel-Villa und beobachteten den Wald, der Grenze zur Hauptstadt der größten usw. war. Durch den Wald schlichen gelegentlich bitterböse Bonner Ultras, die eigentlich da nicht raus durften im Zickzack, damit sie die Vopo´s an den Kontrollstellen nicht sehen konnten. Auch Volkskammernde und Apperratschiks schliefen hier neben den Augen und Ohren. Heute sind es Land- und Bundestagende, Theologen im Ruhestand (dito Bürgermeister) und erfreulich viele Künstler. Daran mangelte es uns zum Glück eigentlich selten.

Als ich vor 50 Jahren erstmalig meinen neuen Ort erkunden wollte, landete ich vor dem Saal des „Kleinen Spreewaldes“. Dort war Dorfbumms mit entsprechendem Radau. Interessant, da wollte ich reinsehen. Da kamen ein paar Pubertiere aus dem Gebüsch und meinten zu mir: „äh, Opa, haste mal 5 Mark?“ Da verstand ich die Parole: trau keinem über 20! Leider hat auch diese Kneipe dank uneiniger Erbengemeinschaft die Nachwendezeiten nicht überdauert als feuchter Treffpunkt.

Unsere Gastronomie hat also nicht nur unter Corona gelitten. Ich leide auch darunter, wenn es so Läden gibt, wo nur Löffelgerichte auf den Tisch kommen, aber Messer und Gabel hingelegt werden! Messer wären nur angebracht, wenn es dort mit englischem Whisky flambierte indische Ochsensteaks gäbe…

Aber es gibt lebende Adventskalender, offene Gärten, offene Ateliers, Denkmalgeschütztes, Ehemaliges (z. Bsp. ein Kino und ein Bad!), Aktives mit Kunst, Theater, Ausstellungen und Begegnungs-Tränke für Zugewanderte. Und Chanukka-Festen, ganz wichtig zum Verständnis für´s „Eilige Land“!

Nun, bald sind es 650 Jahre mit dem Eichenort. Pünktlich zum 90. Geburtstag unseres Ortschronisten wird das begangen. Der wird dann unter Denkmalsschutz gestellt. Und unsere Bimmel ist dann 115 Jahre alt und im Gegensatz zu der im westlichen Teil des benachbarten Bundesdorfes immer noch da!

Ebenso wie die schönen Straßen, die nach den Bäumen heißen, deren Laub goldig die goldenen Auto´s ziert. Und die man nicht gendern muß. Im Gegensatz zu Eichenprozessionsspinnerinnen…oder so… zum Glück haben wir ja auch noch ein paar andere Baustellen wir die Kaiser-Adolf-Thälmann-Straße… und sogar einige nach Frauen benannte… eine Anna-Kr…-Allee ist aber noch nicht dabei. Wär bestimmt ein Sandweg… mit Uebelkraehen im Gebüsch…

Und wir haben eine Bürgerstiftung, die schon so manches auf den Weg gebracht hat in der Schloßkirche, im Schloßpark, im Rauhfutterspeicher… und der Schloßminiatur. Da, wo die Bürger stiften gehen! Aber dazu ein andermal, denn wir brauchen mehr davon! Stiften gehende Bürger! Politische Hemden öfter wechselnde brauchen wir weniger…

Nun, ich habe ein bewegtes Leben hinter mir, war dauernd unterwegs, meist mit vier Rädern, zwischen Tallin und Tirana und London bis Eriwan (und ich kenne die Witze vom armenischen Radiosender! Wie z. Bsp.: kann die DDR zu den USA die gleichen freundschaftlichen Beziehung aufnehmen wie zur Sowjetunion? Antwort des arm. Radiosenders E. „im Prinzip – ja! Aber, wir bezweifeln, dass die kleine DDR zwei Weltmächte ernähren kann!“) Und dann kam 1990 der Kardinal von Christinendorf zu mir und sagte: Leider haben wir nichts über Dich bei den Stasi-Unterlagen gefunden (ich habe einen Persilschein, vom Landtag überprüft!), aber, Du bist doch jedes Jahr mit dem Auto in die Sowjetunion gefahren – da mußt Du doch was mit dem KGB zu tun haben!? (Wenn das Vladimir Vladimirowitsch wüßte!!)

Jetzt, wo man greist und manches länger dauert als früher fange ich gern an zu schimpfen. Dann kommt der Nachbar von nebenan mit einem Bier, dann kommt der Nachbar von gegenüber mit einem Bier…. und es dauert alles noch viel länger! So ist mein Zuhause in Schöneiche bei Berlin! Danke!

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Redaktion Schöneiche Online

Ein Gedanke zu „Es herbstet so goldig

  1. W.Wrase

    Zitat:
    „Jetzt sind auch die vielen anderen Kneipen in Fichtenau wech und es hält sich auch kein Laden … vielleicht weil da viele alte weiße, meckernde Männer wohnen? Irgendwodran muß es ja liegen!
    Und die zu Fuß zum S-Rahnsdorf wollen, um die Tarifzone BC zu umgehen, die sind eben nur nörgelne, keinen Fußweg nutzen könnende Einwohner des Apendix… ?

    Tja, in meiner Mietwohnung wohnte unmittelbar nach der Befreiung vom Faschismus der Marschall Shukow!

    Und vor mir (2017) zog der persönliche Referent (Literaturwissenschaftler) von Professor Albert Norden nach Potsdam um!
    Über ihm wohnte der stellvertretende Landwirtschaftsminister Horst Brettschneider…

    Noch Fragen, dann immer direkt an das schreibende Wildschwein…

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